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QUICKSILVER

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Wieder können hier etliche CDs nur viel zu kurz Beachtung finden, denn schon "Fél és egész"(Westpark/Indigo) von den TRANSSYLVANIANS gebürt jede Menge Lob. Die deutsch-ungarische Truppe zaubert auf gleich 2 CDs jede Menge PaprikaFolkRock aus der Tüte - neben der Gypsy-Fidel ist es vor allem der charmant-exotische Gesang von Kontrabassistin Nagy Isabel, der hier ein weiteres mal betört.
Bleiben wir gleich bei weltmusikalisch gefärbten Klängen: TOMOE-RYU YATAKADAIKO ist eine Gruppe junger Japaner, die sich Nippons traditioneller Trommelkunst widmen. Wer einmal Taiko (jap.: Trommel) gehört hat, will mehr davon! Auf "Japanese Drums"(ARC Music) gibt's eine ganze Stunde.
Vom fernen in den nahen Osten: HOSSAM RAMZY wurde in WESTZEIT schon mehrfach vorgestellt, der in Londoner Studiokreisen gern gebuchte Perkussionist hat für "Bedouin Tribal Dance"(ARC Music) traditionals der Beduinen neu arrangiert. Interessant nicht nur für Bauchtänzer.
Und auch wenn auf "Enfafoacao"(Neocord/Oomoxx) der Portugiesenblues keineswegs neu erfunden wird, unternehmen SINA NOSSA auf Fado-Basis durchaus spannende Ausflüge in Richtung Klassik, Jazz und Pop.
Etwas weiter nördlich begegnen wir den (aufmerksamen Lesern ja schon wohlvertrauten) LéOPARLEUR, die von Straßburg aus mit ihrem wilden, von Orient und Punk gleichermassen beeinflussten FrankoBalkanStreetFolk (um) die halbe Welt rocken: "Revoir la Mer"(Leo Prod./Broken Silence) ist schön schweisstreibend.
Auch hierzulande spielt man die alten Weisen mit Elektrogitarren. FIDDLERS GREEN benutzen zwar eher irisches Material, um ihre Zuhörerschaft auf Trab zu bringen, genießen unter Speedfolkfans aber beinahe Kultstatus. Warum? "Drive Me Mad"(Deaf Shephard/Indigo) hören und verstehen: "Folks not dead" sondern fidel und laut!
Da sind die Kollegen von FAUN schon etwas ruhiger, düsterer und äh, schamanischer. "Totem"(Curzweyhl/Rough Trade) vereint mittelalterliche und elektronische Mittel, hat mit "2 Falken" ein Stück mit Hitpotential und ragt um einiges aus der schwarzen Flut heraus. They call it Pagan Folk.
Noch weiter gen Norden. Bzw. Süden, denn FJARILL besteht aus zwei Frauen, deren Heimat(en) kaum entfernter sein könnten: die südafrikanische Geigerin Hannmarie Spiegel begleitet auf "Stark"(Rintintin Musik/Indigo) die schwedische Sängerin und Pianistin Aino Löwenmark. Die leisen, ganz auf die klare Stimme fokussierten Songs enthalten aber jede Menge entdeckenswerte musikalische Kleinodien, so dass genaues Hinhören angesagt ist.
Kurz vor'm Polarkreis begegnen wir den Finnen von LAPKO, deren "Scandal"(Fullsteam/PIAS) keiner ist, sondern eine reduziert-erwachsene, weil nicht ganz so bombastisch inszenierte Variante des HIM-Rocks. Markante vocals, hervorragende Instrumentenbedienung, ordentliches songwriting - was will man mehr.
Auch aus Finnland kommen ZETABOO, die sich scheinbar für Astronomie und griechische Sagen interessieren, auf "OuterRail"(Aito/Just Records) ganz gut Jazz-Rhodes und Folk-Akkordeon mit Pop- und Worldelementen füttern, William Blake vertonen und einen recht guten Eindruck hinterlassen.
Mit den ähnlich besetzten und orientierten STREIF erreichen wir Norwegen. Das Quartett nennt sein Album denn auch "Nordic Winter"(Ozella/in-akustik) und nimmt sich für die 9 Stücke das, was heute kaum noch jemand hat: Zeit. Ruhige, sinnfällig aufgebaute und mit angemessenem Tempo entwickelte Stücke, die Nervosität zum Fremdwort werden lassen.
Ganz anders sieht das deutsche Duo AMÈ TOKI die Welt. Auch wenn sie "No Maps For These Territories"(Silversonic/H'Art) haben, bestimmen urbane Auffassungen von Jazz, Elektropop und Lounge ihre Musik. Style scheint wichtig, unterhaltend ist das auch, aber ob etwas davon bleibt, weiss ich nicht genau.
Auch (die?) HENKUBIKS befassen sich mit Jazz. Allerdings ist deren Spielweise vom klassischen Improvisations-Ping-Pong geprägt. Das macht in kleinen Klubs sicher immer noch viel Spaß und ist sogar von CD ziemlich gut. Gerade weil sich auf "Aldila" (www.henkubiks.de) kein Instrument in den Vordergrund drängt und ich Vibraphon sowieso liebe.
In Norwegen hätten wir vorhin gleich noch MARIA SOLHEIM besuchen können. Die hat (nach den großen Erfolgen der Vorgänger) gerade ihre neue, wesentlich aufgeräumtere Platte fertig. Den früher etwas arg schusselig-psychedelischen Popexperimenten wird auf "Will There Be Spring"(Strange Ways/Indigo) eine wohltuend klare und konzentrierte Sicht auf (quasi)Akustik-Folk entgegengestellt. Und die dem CD-Titel innewohnende Frage ist doch hoffentlich nur rhetorisch?
Der Soundtrack zur dreiteiligen ARD-Dokureihe "Mätressen - Die geheime Macht der Frauen"(Metropol/tracksunited.com) stammte von NIKOLAI TOMÁS und JEAN-MARIE GILLES, die die Reise in die Betten der Renaissance, den Harem des Sultans und die chambres separees von Louis XIV. mit durchgängiger Handschrift und doch jeweils adäquat untermalten. Nicht nur für beinharte Poems-For-Laila-Fans!
Womit wir die Weltreise beenden und uns den (vergänglichen?) Globalklängen zuwenden. Da leben z.B. in Brooklyn zwei Briten, die sich ROR-SHAK nennen und für "Deep"(Auric Ent./Intergroove) totgeglaubte Dinge wie Downbeat, TripHop und Chillpop reanimieren. Verblüffenderweise funktioniert das gute alte "A Forest" (The Cure) auch elektronisch und mit säuselnder Damenstimme (ja, ich kenne Nouvelle Vague und mag sie nicht).
Auch in den Tiefen der Grüfte hängt man an liebgewonnenen Klanggewohnheiten. Wenn einem, wie den Schweizern THE BEAUTY OF GEMINA auf "Diary Of A Lost"(Monkey/Broken Silence), aber in Sachen DarkWaveRock so gar nichts neues einfallen mag, sollte man - wenn überhaupt - nur live spielen.
Nichts anderes ist leider zur "And Then We Danced"(3 lanka/Discomania) benannten Werkschau der mir völlig unbekannten, selbtsverständlich aber seit den späten 80ern Kultstatus beanspruchenden BALLAD BOMBS zu sagen. Grundloser DarkElektro, den (zumindest heute) kein Mensch (mehr) braucht.
Dass das auch anders geht, beweisen seit Jahren IN THE NURSERY, die nun nach etlichen Filmmusiken mit "Era"(ITN Corp./SonyBMG) mal wieder ein "richtiges" Album vorlegen. Die Gastsängerin mit dem klangvollen Namen Dolores Marguetite C. tastet sich gefühlvoll durch die noch immer von bombastischen Keyboards, feinen Pianolinien und deutlichen "Military Snares" dominierten Soundlabyrinthe.
Von "Instead"(Theremusic/Rough Trade) hätte ich gern eine Fassung mit nicht gefadeten Songs gehört (und mich ausführlicher mit der CD befasst), denn mit Claudia Brücken singt bei ONETWO eine der prägnantesten Stimmen des Elektropopgeschäfts (remember Propaganda?), der von ex-OMD-member Paul Humphreys perfekt passende Elektropopsongs auf den Leib geschneidert wurden. "Have A Cigar" ist z.B. ganz groß und auch der Rest sehr lecker!
MIRA CALIX vertritt hier die avantgardistischere Spielform von Elektronik. Bei "Eyes Set Against The Sun"(Warp/Rough Trade) sind nicht nur die drei trennenden Leerzeichen wichtig, sondern auch die beinahe so kryptisch wie bei Animal Collective inszenierten field-recordings, die in die pluckernden Rechner gespeist wurden. Anstrengend schön.
Als sie POP LEVI kennenlernten, geriet man bei Ninja Tune derart aus dem Häuschen, dass für "The Return To Form Black Magick Party"(Counter/Ninja Tune/Rough Trade) gleich ein eigenes Sublabel gegründet wurde. Dabei ist der Typ ein schnöder Marc-Bolan-Wiedergänger und keine einzige Idee auch nur im Ansatz neu.
Das atemlose Titelstück macht Appetit auf BEN WESTBEECHs "Welcome To The Best Years Of Your Life"(Brownswood/Cooperative/Rough Trade). Doch kann die hauptsächlich aus von samples und breakbeats durchsetztem Urban-Soul bestehende CD über die volle Distanz (noch) nicht fesseln. Talent ist aber da.
BIKINI MACHINE machten schon mit der letztjährigen "Joue Dutronc" alles richtig, rockten Leipzigs PopUp ganz cool durch und kultivieren ihren schwer 60ies-getränkten Beatpunk auf "Daily Music Cookin' With"(Légère/Soulfood) weiter, nicht ohne mit einigen neuen Ohrwürmern Lust auf die Kurztour im Februar/März zu machen. Let's Grab!
Noch mehr Trash in ihren Pop taten ja immer die lieben STEREO TOTAL, deren "Bungalow Years" mit der Kompilation "Party Anticonformiste"(Bungalow//PIAS/Rough Trade) gefeiert werden. Eine Stunde ohne Luftholen mit allen, ähm, Hits. Und dem schönen Hinweis: "Mit dieser Band können Sie jeden Abend eine Pariser Kommune gründen".
Ob die Wiederveröffentlichung des Santana-geschulten und ziemlich konservativen LatinArtRocks von BENITEZ AND NEBULA wirklich nötig ist, will ich mal Leuten überlassen, die sich mit dem Genre und den 70ern besser auskennen als ich, mir gab "Night Life/Essence Of Life"(Vampisoul/Cargo) nicht allzu viel.
Da greife ich lieber zu "1234 - The Early Singles"(Summerhouse) von RUMBLEFISH. Die spielten in den späten 80ern soliden Indiepop mit Trompete, ganz wie sie's von Josek K und A Certain Ratio gelernt hatten. Mit der Zeit gewann der Echo&The Bunnyman-Sound die Überhand und ich weiss gar nicht, ob ich mich schämen muss, die Band bisher nicht gekannt zu haben.
Die Schande schlechthin ist ja, dass ich "Operation Pudel 2006"(Nobistor/Indigo), die durch etliche Boni (weiter) aufgewertete CD-Werdung der legendären Pudel-Produkte-EPs, nur im Schnelldurchlauf abhandeln kann. Hier geht wirklich alles: von Heinz Strunk bis Kissogramm, von Felix Kubin bis Tolerantes Brandenburg. Unbedingt anhören. Stellt euch Lackaffengiraffen!

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