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STEVE WYNN

Warten auf den großen Knall

STEVE WYNN

Daß Steve Wynn - seines Zeichens Mitbegründer des Paisley Underground und auch nach der Trennung seiner ersten Band Dream Syndicate stets ein eifriger Verfechter guter Gitarrenmusik - ein Herz für die Rockmusik hat, stand ja nie außer Frage. Insofern überrascht es auch nicht, daß das neue Werk "tick...tick...tick" nach zwei Jahren VÖ-Pause nun wieder ein lauter, bissiger Bastard geworden ist. Was überrascht, ist freilich die Konsequenz und unbändige Energie mit der der Meister zur Sache geht. Was unterscheidet denn eigentlich diese CD von den letzten beiden Wynn Werken, die ja auch schon nicht gerade zartbesaitet daherkamen?

"Also es gab stilistisch keinen Masterplan", verrät Steve, "ich habe einfach eine Menge Songs geschrieben. Allerdings wollte ich dieses Mal Material für die Miracle 3 schreiben – denn das ist die Band, mit der ich die meisten Shows gespielt habe. Sogar mehr als mit Dream Syndicate. Und wir haben da ein gutes Ding am laufen. Bei den letzten beiden Alben habe ich einfach Songs geschrieben und die Band mußte dann sehen, was sie damit macht. Die neuen Songs sind aber für die Band geschrieben." Und das hört man: Linda Pitmon, Jason Victor und Dave DeCastro blühen auf dieser Scheibe förmlich auf. Das ist eines der wenigen Alben, auf dem es tatsächlich gelang, die oft beschrieene Live-Energie im Studio einzufangen. Was ja selten genug gelingt. Warum heißt die Scheibe denn eigentlich "tick...tick...tick" und nicht etwa "Bang" oder "Ka-Boom!" Sie klingt doch eigentlich so, als sei die Bombe bereits explodiert. "Mir ist natürlich klar, daß in Zeiten wie diesen die Assoziation zu einer Explosion nahelag", lacht Steve, "es ist aber so, daß es auf dieser Scheibe eine Menge Spannungen gibt. Man fühlt diese Spannung, diese Klaustrophobie, diese Erwartung und dieses Gefühl, das bald etwas passiert. Entweder etwas ganz Tolles, etwas furchtbar Falsches oder sogar eine Explosion. Das ist das Thema dieser Scheibe. Und der Musik: Das Gefühl, das bald etwas passieren wird, das alles zusammenbrechen oder auseinanderfallen kann – was dann aber doch nicht passiert. Das ist das, was ich selber auch mag und wofür The Miracle 3 stehen. Du kannst diese Band sehr weit treiben, ohne daß sie auseinanderfällt oder desintegriert. Ich wollte nicht auf Nummer sicher gehen." Nun, das hat Steve ja noch nie getan. Eigentlich müßten ihm Zeiten wie diese ja liegen, wo jegliches Gefühl der Sicherheit in Gefahr zu sein scheint. "Stimmt", pflichtet er bei, "man weiß nie, was als Nächstes passiert. Vor zehn Jahren hat man sich noch über die fernere Zukunft unterhalten. Heutzutage weiß man doch nicht mal, was in einem Jahr sein wird. Man kann sich heutzutage einfach nicht mehr entspannen, weil es keine verläßliche Sicherheit mehr in Bezug auf die Zukunft gibt. Dieses Gefühl spiegelt die Scheibe wieder und das ist es, wofür sie steht. Es gibt auch keinen moralischen Anker auf dieser Scheibe, keine Spiritualität. Der Song ‘No Tomorrow’, der mein Favorit ist, drückt dies aus: Der erste Teil fragt, was wäre bzw. wie man sich verhielte, wenn es kein Morgen gäbe, und der zweite gibt die Antwort – das es okay ist. Was natürlich nichts nützt. Es ist schon eine ziemlich düstere, schwarze Vorstellung, weil die Welt ja endet. ‘Don’t worry, be unhappy’ könnte man sagen." Das Interessante ist, daß Steve Wynn hier seinen Kommentar zur allgemeinen Lage abgibt, aber ohne zu predigen oder als Moralist aufzutreten - und ohne Antworten parat zu haben. Wie er sich fühlt drückt er hierbei durch seine Musik aus und das ist es, worauf es ankommt. "tick...tick...tick" ist somit ein klassisches, rebellisches Rock-Album geworden, das bemerkenswert im Jetzt verankert ist und obendrein eine jüngere Seele verrät, als das Alter des Protagonisten es vermuten ließe ...



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