Nachdem Muff Potter insgesamt fast 3 Jahre an ihrem letzten Album "Heute wird gewonnen, bitte!" gearbeitet hatten, sollte es diesmal anders laufen. Fleißig wurden 6 Tage die Woche im Proberaum neue Songs geschrieben, bevor in 3 Monaten im Studio "VON WEGEN" aufgenommen wurde. Als das Album komplett fertig war, klopfte dann auch noch eine Major-Plattenfirma an - die vorherigen Alben wurden alle noch auf dem eigenen Label veröffentlicht. Wurden früher oft genau so viele Songs geschrieben, wie später aufs Album kamen, hatte man diesmal aufgrund der produktiven Vorbereitungszeit eine viel größere Auswahl an Songs und Ideen, die teilweise wieder aufgegriffen wurden, wie Brami (Schlagzeuger) und Dennis (Gitarre und Gesang) im Westzeit-Interview erzählten.
B: „Es war zum Beispiel so, dass wir 2 halbfertige Songs hatten, einen ganz ruhigen und einen etwas heftigeren, den Schlagzeugbeat von "22 Gleise später". Und dann haben wir uns irgendwann gedacht, wir nehmen jetzt von dem ruhigen Song das Gitarrenriff und legen da den Beat drüber. Früher haben wir uns an einen Song gesetzt und den von Anfang bis Ende fertig gemacht. Jetzt hatten wir viel mehr Zeit im Studio, das war ja der eigentliche Luxus.“Ihr habt mal gesagt, dass euch wichtig ist, nicht nur eine spezielle Fangruppe anzusprechen.
B: „Wir versuchen halt aus Überzeugung möglichst viele Leute anzusprechen. Das szeneninterne ist nicht so unser Ding, das war es eigentlich auch noch nie. Wir durften jetzt zum Beispiel die Queens of the Stone Age auf Tour supporten. Die hatten ein ganz anderes Publikum als wir und das war einfach eine Herausforderung für uns. Aber so richtig Zugeständnisse an ein Publikum kann man ja gar nicht machen. Wir sagen natürlich jeden Abend: Ihr seid das beste Publikum was wir jemals hatten. Das ist klar.“
D. „Das ist ein alter Trick, den ziehen wir jeden Abend aus der Schublade. Wir meinen das natürlich schon ernst, weil das halt auch jeden Tag wirklich besser wird… (lacht…)
Ihr habt mal gesagt, dass ihr Popmusik machen wollt. Was ist denn Popmusik?
B. „In Anführungsstrichen natürlich. "Popmusik" ist für mich einfach ein Song, der in sich funktioniert, der in sich rund und schlüssig ist.“
D. Ich halte unsere Musik schon für Popmusik.
B: „Teilweise. Zumindest sind die poppigen Sachen auf der neuen Platte wirklich poppig, wogegen die etwas raueren Sachen auch rauer sind, als das früher der Fall war. Wir sind mehr in beide Extreme gegangen.“
Um eure Grenzen auszuweiten? Ist das schwieriger geworden?
B: „Nein, finde ich nicht. Wir machen halt allen möglichen Kram. Nagel schreibt ziemlich viel und macht damit jetzt auch Lesungen. Daraus macht ein befreundeter Comiczeichner aus Hamburg einen Comic-Kurzfilm in dem halt so eine Lesung stattfindet. Den gibt’s auch als DVD bei der Erstauflage zu der Platte dazu. Dennis schreibt Musik für das Theater in Dortmund und jetzt auch für Hörspiele. Ich mähe gerne Rasen zu Hause.“ (lacht)
Ihr legt viel Wert darauf, euch immer zu verändern. Wie lange dauert das, nachdem eine Platte fertig ist, festzustellen, wie weit man sich verändert hat?
B: „So ein bisschen habe ich mich schon gelöst, weil es ja auch schon etwas länger im Kasten ist. Jetzt geht natürlich die heiße Phase mit der Veröffentlichung und so los, dass ist dann noch mal ein Schub Aber, wenn es nach mir geht, würden wir jetzt wieder anfangen neue Songs zu schreiben, weil so eine Veröffentlichung natürlich auch immer motiviert.“
D: „Wenn wir so eine Platte aufgenommen haben, dann höre ich sie mir danach total oft an und habe dann eine Meinung darüber, bevor ich sie mir nie wieder anhöre. Wirklich objektiv kann man halt bei so was nie sein. Ich war deswegen auch sehr interessiert an Meinungen von Leuten, die das zum ersten Mal gehört haben.“
Und wie wichtig ist euch dann ganz allgemein die Reaktion der Fans?
B: „Das ist schon strange, mit was die Leute da auf einen zukommen. Uns hat mal einer geschrieben, dass er eigentlich vom Dach springen wollte, dann aber im Auto von einem Kumpel einen Song von uns gehört hat und es daraufhin gelassen hat. Ich weiß nicht, ob es stimmt, ich weiß auch nicht, ob es diese Geschichte auch umgekehrt gibt, aber das ist halt schon manchmal beeindruckend aber auch komisch, wie viel den Leuten die Sachen bedeuten, die ja eigentlich unsere sind. Aber man verliert ja nichts dadurch, dass man andere teilhaben lässt.“
D: „Man will ja die Sachen auch nicht im Proberaum einschließen, sondern überraschen, provozieren und so. Dazu muss man die Sachen halt auch veröffentlichen.“
Ich habe gelesen, dass das Album auch vom Scheitern und wieder aufstehen handelt. Lernt man so was als kleine Band?
B: „Ja und da bin ich mir auch sicher, dass wir das können, dass wir das gelernt haben. Deswegen mache ich mir auch um uns als Band und um unsere Zukunft keine Sorgen, egal ob wir jetzt 500 oder 50.000 Platten verkaufen. Wir wissen einfach, wer wir sind und was wir machen. Und wenn wir nächstes Jahr vom Major fliegen, dann machen wir die Platte danach halt wieder selber. Das wäre zwar schade, aber ich glaube nicht, dass uns das aus der Bahn werfen würde.“
Ist dann ein mögliches Scheitern immer O.K.?
B: „Ja, und man muss auch Dinge von außerhalb mit einbeziehen, die da scheitern können, Beziehungen zum Beispiel.“
D: „Aber das ist kein Grund damit jetzt aufzuhören.“
B. „Wir haben halt entschieden, das jetzt so zu machen.“
Aber man hinterfragt schon manchmal: Ist es das alles wert?
D: „Ja, das gibt es schon.“
B: „Aber letzten Endes kommt man schon wieder zu dem Punkt, dass man halt in der glücklichen Lage ist, fast den ganzen Tag Musik machen zu können und das ist schon einiges wert.“
Aktuelles Album:
Von Wegen
(Huck’s Plattenkiste/Universal) VÖ-Datum: 04.10.