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ALDOUS HARDING

Glücklich und zufrieden

ALDOUS HARDING

Auf ihrem selbstbetitelten Debüt hatte Aldous Harding, die eigentlich Hannah heißt, vor drei Jahren noch mit betont minimalistischen, düster-poetischen Fingerpicking-Folk-Songs und ihrer so ungemein reinen, manchmal fast verstörend hohen Singstimme bezaubert, auf dem zweiten Album der neuseeländischen Singer/Songwriterin ist nun nicht nur das musikalische Spektrum breiter, auch sonst war der 27-jährigen Tochter der preisgekrönten Folk-Sängerin Lorina Harding dieses Mal nach ´Party´.

In den ungeschliffen-dramatischen Liedern ihres Erstlings, die Harding mit ihrem Lebensgefährten Marlon Williams und Producer Ben Edwards aufgenommen hatte, hallte das Echo der großen britischen Folk-Sängerinnen der 60er wie Bridget St. John oder Vashti Bunyan nach, doch auch wenn die Platte nach ihrer Wiederveröffentlichung auf dem Kultlabel Flying Nun ungeahnte Kreise zog, stand der jungen Dame aus der Kleinstadt Lyttleton in der Nähe von Christchurch für ´Party´ der Sinn nach etwas völlig anderem.

„Ich möchte meine bisherigen Lieder nicht schlechtreden, aber wie viele andere Künstler auch finde ich es befriedigender, nach vorn zu schauen, zu wachsen und ganz allgemein besser in dem zu werden, was ich tue“, erklärt Harding, als sie uns Ende April auf ihrer Promo-Tour aus Stockholm anruft.

Für ´Party´ hat sie deshalb mit PJ-Harvey-Intimus John Parish als Produzent und Vertrautem bei den Aufnahmen im englischen Bristol die desolate Stimmung ihres entrückten Elfensounds und die bisweilen geradezu archaisch anmutende Sprache gegen eine wärmere Klangfarbe und Songs eingetauscht, die bei aller Melancholie spürbar robuster klingen und mit Holz- und Blechbläsern, Piano und Gastsängern (darunter Mike Hadreas von Perfume Genius und ein sechsköpfiger Chor) vergleichsweise opulent ausstaffiert sind, ohne dass ihre ungeheure Präsenz, ihr Gesang und ihr Gespür für feingeistige Metaphern je aus dem Fokus geraten. Auch wenn Harding bei unserem Gespräch oft schüchtern wirkt und lange über ihre Antworten nachdenken muss – dass sie als Mensch und Musikerin inzwischen viel selbstbewusster ist und viel mehr Freude am eigenen Tun hat, hört man dem beeindruckenden neuen Album praktisch bei jedem Ton an.

„Ich schreibe jetzt Songs, die ich mir auch selbst gerne anhören würde“, sagt sie spitz über ihren Sinneswandel. Es muss ja auch ein ziemlicher Runterbringer gewesen sein, all die traurigen Lieder ihrer Debüt-LP Abend für Abend auf die Bühne zu bringen!

„Ja, da ist was dran”, sagt sie und muss lachen. „Ich spiele die Songs, die ich jetzt schreibe, wirklich lieber als meine alten, nicht nur wegen des Inhalts, sondern auch, weil ich jetzt andere Genres streife und dadurch meine Stimme flexibler einsetzen kann. Das macht einfach viel mehr Spaß!“

Genau diesen Spaß lässt sich Harding nicht verderben, auch wenn sie dafür einige Markenzeichen ihres ersten Albums aufgeben musste.

„Wenn ich glücklich bin und dabei glückliche Songs herauskommen, dann ist das eben so“, ist sie überzeugt und fügt lachend hinzu: „Ich verschwende keinen Gedanken daran, ob das Publikum vielleicht das Interesse verliert, wenn es plötzlich nicht mehr einer Frau dabei zuhören kann, wie sie sich selbst zerfleischt.“

Trotzdem lastet inzwischen mehr Verantwortung auf Hardings Schultern. Ihren Job in einer Trockenfleischfabrik hat sie inzwischen aufgegeben, um sich ganz auf die Musik zu konzentrieren.

„Die Musik ist inzwischen wirklich mein Beruf, aber das ist natürlich keine Schinderei, auch wenn es Aspekte gibt, die mir zusetzen, zum Beispiel, unterwegs ständig von meinen Liebsten getrennt zu sein. Auch Interviews zu geben empfinde ich als wirklich stressig, aber ich denke, das geht vielen Künstlern so. Das Liederschreiben und das Performen fühlt sich dagegen nicht an wie ein Job, auch wenn es letztlich einer ist.“

Rund 100 Konzerte auf drei Kontinenten stehen für Harding dieses Jahr auf dem Programm, aber sie weiß schon, was ihr dabei helfen wird, das durchzustehen, wie sie uns abschließend verrät: „Lavendelöl, hier und da mal ein Drink, Kaffee und Zigaretten … sehr, sehr viele Zigaretten!“

Aktuelles Album: Party (4AD / Beggars / Indigo)


Weitere Infos: www.aldousharding.com

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