Interpol sind zurück. Mit einem Mann weniger an Bord, aber doppelt so viel Selbstvertrauen haben sie ihr neues Album ´El Pintor´ aufgenommen und wirken, als stehe ihnen nun nichts mehr im Wege. Dieses Gefühl wieder zu erlangen, hat der Combo um Frontmann Paul Banks alles abverlangt und erst musste das tiefe Tal durchschritten werden, ehe es nun wieder auf die Höhen des Rockolymps zurückgehen kann: „Die Band steht im Vergleich zu Zeiten als unser Bassist Carlos Dengler dabei war, nicht Kopf, aber sie unterscheidet sich schon sehr“, erklärt Drummer Samuel ´Sam´ Fogarino im edlen Zwirn und scheint über die Vergangenheit sehr auskunftsfreudig – um das Hier & Jetzt zu verstehen, sei diese unerlässlich.
Es passiert in der Form sicher selten: Ein Mitglied nimmt ein gesamtes Album noch mit den Kollegen auf und gerade als es fertig im Kasten ist, verlässt er als wichtiges Bindeglied seine Band. So geschehen 2010 im Falle von Interpol und Mitbegründer Carlos Dengler.Freilich war die gleichnamige Platte ´Interpol´ damals ein voller Erfolg und die Zurück-gebliebenen trotz des Verlustes in Angriffslaune: „Carlos’ Abgang war nach Außen hin überraschend, zugestanden. Aber intern spürte man dies über Monate hinweg und es vollzog sich nicht von Heute auf Morgen.“
Resümiert ein gesprächsbereiter Samuel Fogarino, der als Schlagzeuger im Kreise Interpol natürlich näher dran ist, als irgendwelche Journalisten mit ihren Mutmaßungen.
Mehr Trotz als wirkliche Kampfeslust sei es allerdings schon gewesen und richtig Selbstvertrauen zurückgewinnen, konnte man erst während der Arbeiten an der neuen Platte:
´El Pintor´ betitelt, führt sie uns quasi in die Gegenwart einer Band, die nicht einfach nur den Abgang eines Bassisten verkraften musste, sondern mit ihm auch einen der Hauptsongschreiber verlor. Fogarino zuckt mit den Schultern, wenn man ihn fragt, wie er die Bandchemie seitdem beschreiben würde:
„Keine Ahnung, um ehrlich zu sein“, schweift sein Blick zum halbvollen oder wahlweise halbleeren Wasserglas vor sich. „Wir mussten definitiv erst einmal unser eigenes Ding machen und uns dann gemeinsam ausprobieren. Ich glaube, so viele Experimente wie dieses Mal haben wir noch nie zugelassen.“
Womit er recht behält, denn der sonst sehr prägnante Bass gepaart mit mächtigen Keyboards ist einer Dichte an Riffs gewichen, die Interpol manchmal wie eine ungestüme Garagenband wirken lassen. Im positiven Sinne, denn genauso hören wir den liebgewonnenen Trademark-Sound in vollen Zügen heraus.
Ganz auf Kopf stellen Interpol ihr Bandprinzip also nicht:
„Es wäre auch Blödsinn jetzt alles anders zu machen, was die Leute da draußen an uns schätzen und ich bin mir sicher, dass sämtliche Neurungen nachvollziehbar sind“, freut sich Fogarino und wirkt erstmals erleichtert.
„Meine Nebenprojekte gingen mir in den letzten Jahren leichter von der Hand als die Sessions zu ‚El Pintor’. Ich verstehe mich jedoch zuerst als Mitglied von Interpol, denn sind wir ehrlich: ohne die Band, keine Nebenprojekte! Das sollte man bei aller Romantik nie vergessen, Geld verdienen müssen wir auch.“
Kaum ausgesprochen, korrigiert er sich aber, denn der Eindruck, man hätte dieses Album ´finanziell nötig gehabt´, soll keinesfalls entstehen: „Wären wir nicht auf einen Nenner gekommen, Fuck that shit!, dann hätten wir es einfach gelassen.“
„Klar ist es manchmal ein Job“, gibt er zu, „aber zugleich der beste Beruf, den ich mir vorstellen kann, denn er basiert auf einer innersten Leidenschaft, dem Musikmachen. Stimmen dabei die Begleiterscheinungen nicht, kannst du dich verbiegen wie du willst, es wird für niemanden etwas herauskommen.“
Deswegen seien Interpol für ihn im Jahre 2014 die stärkste Besetzung seit der Gründung: Man habe alles geprüft, ausgelotet, jeden Stein rumgedreht und wäre nicht hier, wenn nicht jeder einzelne vom Happy End überzeugt gewesen wäre.
Somit ist ´El Pintor´ der Soundtrack zu einem Plot namens: ´Ende gut, alles gut´.
Aktuelles Album: El Pintor (PIAS / Cooperative / RTD)