Wie es sich für eine raubeinige Band wie Hot Water Music gehört, sitze ich mit Gitarrist und Shouter Chuck Ragan auf ein paar Holzpaletten im Hinterhof der Live Music Hall in Köln, während sich die Bands drinnen für ihren Auftritt im Rahmen der Popkomm rüsten. Von mangelnder Gemütlichkeit kann allerdings bei einem netten Kerl wie Chuck keine Rede sein, denn das Ganze entwickelt sich zu einem angenehmen Plausch über Musik und gute Freunde.
Wer Chuck zum ersten Mal gegenüber steht, hält ihn für einen verdammt harten Kerl, nicht zuletzt aufgrund seiner rauen Stimme, die durch ausreichend Whiskey zu dem geworden ist, was den Sound von HWM unter anderem so einzigartig macht. Im Gespräch wird klar, dass ihm dies zum Teil sogar unangenehm ist. "Mich erschreckt es manchmal, was einige Leute für einen Eindruck von mir als Musiker haben. Sie halten mich für unnahbar und fragen nur: ´Du bist doch bei Hot Water Music, oder?´. Ich muss dann sagen: ´Ja, ich bin in dieser Band, aber mein Name ist Chuck. Erzähl mir was von dir.´ Wir touren jetzt seit Jahren durch die verschiedensten Länder und sind so froh, dass es uns vergönnt ist, so viele verschiedene Kulturen kennen zu lernen. Wir wollen nicht bewundert werden, sondern selbst neue Erfahrungen sammeln. Und dazu gehören auch die Leute." Für die 4 Jungs aus Gainesville/Florida stellen das Publikum, ihre Plattenfirma Epitaph und vor allem die Band selbst eine große Familie dar, mit der sie im Übrigen auch viel mehr Zeit verbringen als mit sonst irgendwem. "Es stimmt schon, wir sind eigentlich viel zu wenig zu Hause, unsere Hunde werden von unseren Mitbewohnern versorgt und nach dem Studioaufenthalt für ´Caution´ ging es schon ein paar Tage später auf die Warped Tour. Aber das ist es, was wir im Moment tun wollen. Wir lieben es zu touren. Es hilft uns schließlich auch, viele private Dinge, die vor dem letzten Album für einige von uns recht schlimm gelaufen sind, zu verarbeiten." Die Schicksalsschläge, die die Bandmitglieder auch auf ´A Flight And A Crash´, dem Vorgänger zu ´Caution´, behandelt haben, was zu einem musikalisch und textlich etwas schwer verdaulichen Album führte, scheinen jedoch mit dem neuen Release vergessen und herausgekommen ist das seit langem frischeste HWM Album, das an die frühen Tage der Band anknüpft. "Stimmungsmäßig haben wir sicher unseren ursprünglichen Sound wieder gefunden, aber ich glaube, dass wir bei der letzten Platte einfach unsere Situation ausdrücken mussten und das auch nur so möglich war, wie wir es getan haben. Nun sind unsere Texte wieder wesentlich optimistischer, wie wir es meistens sind. Aber auch sonst ist bei der Produktion der Platte alles bestens gelaufen." Mit Brian McTernan wurden zunächst Demos aufgenommen, so dass alle mit dem vorliegenden Material bereits arbeiten konnten, das Endprodukt entstand dann in den ´Salad Days Studios´ und die Band wohnte während dieser Zeit in Brians Haus. "Das ist das besondere, familiäre gewesen. Wir fühlten uns mit Brian verwandt und wir hatten eine erstklassige Arbeit. Er konnte sich optimal auf uns einstellen und hat ein Album mit uns herausgeholt, das schlicht und einfach rockt." Und so bleibt zu hoffen, dass der Band das Schicksal wohlgesonnen ist, damit sie uns noch viele positive Alben um die Ohren hauen kann.Aktuelles Album: Caution (Epitaph/Connected)