Mit „Turbo“ legen die geschmackssicheren Pietasters ein neues Produkt ihrer ganz besonderen Backmischung vor. Also, was steckt hinter der Verpackung, auf der so vollmundig „Turbo“ steht? Steve Jackson nahm für unser Interview den Bleifuß etwas vom Gaspedal des bandeigenen Tourbusses und klemmte sich ans Handy.
„Turbo war das Alter Ego unseres ehemaligen Bassisten Todd. Er setzte sich dann eine Perücke und diese Sonnenbrille auf, klebte sich einen Schnurbart an und ist für ein paar Tage total ausgeflippt.“ Also ist die Platte dem im letzten Herbst verstorbenen Bandkollegen gewidmet? „Wir wollten nicht diese typische Widmungssache machen, also haben wir dieses Bild von ihm genommen und unser Keyboarder hat daraus eine Cartoonversion gemacht. Somit ist es zwar dennoch irgendwie Todd gewidmet, aber auch dem Geist von Turbo.“ Um noch ein wenig beim Thema Verpackung zu verweilen, weil diese auch in Sachen Genre-Schublade nicht so ganz zu passen scheint: „Die Leute, die in Amerika Musik vermarkten, neigen dazu immer einen gebräuchlichen Begriff zu verwenden. Uns haben sie immer als Ska-Band bezeichnet, was soll‘s!“ Leider wird das den Pietasters kaum gerecht, denn gleich die erste Nummer von Turbo legt sehr soulig los. Und es rockt das ganze Album durch, dass man sich fragt, warum es einem allein unter dem Rude-Boy Deckmantel untergejubelt werden soll. „Auf unseren Platten konnte man schon immer Rock-, Soul- und alle möglichen anderen Einflüsse entdecken. Insofern haben wir als Band auch nie versucht, die Leute zu veräppeln. Vielleicht sind einige trotzdem auf das Marketing reingefallen. Hauptsache, die Leute mögen es.“ So ist es nicht verwunderlich, dass der Erfolg nicht ausblieb und die Pietasters heute in der Szene in einem Atemzug mit den Mighty Mighty Bosstones genannt werden. „Erfolg hängt immer davon ab, wie man ihn definiert“, relativiert Steve. „Wir haben angefangen, in Bars zu spielen, damit wir umsonst Bier bekamen und, um bei den Frauen besser anzukommen. Und nun sind wir erfolgreicher, als wir es uns jemals erhofft hätten, auch wenn wir weiterhin für unser Geld hart arbeiten müssen.“ Das kann über einen Zeitraum von zwölf Jahren trotz des ansehnlichen Erfolgs auch mal anstrengend werden. Da denkt wohl jeder mal daran den Dienst am Fan zu quittieren und lieber bequemes Geld mit einem ordentlichen Job zu verdienen. Vor allem auf Tour. „Jeden Tag möchte ich alles hinschmeißen. Es wäre verdammt nochmal einfacher, nach Hause zu fahren. Auch jetzt gerade denke ich darüber nach, die Band aufzulösen.“ Im Ernst? „Nein, zur Zeit hassen wir uns selbst nur ein kleines bißchen. Wenn wir uns irgendwann komplett hassen, werden wir wohl oder übel auseinander gehen. Aber eigentlich macht das alles auch noch viel zu viel Spaß.“ Das ist auch während des Interviews kaum zu überhören. Im Hintergrund albern die Kollegen rum und Steve flucht wie ein Rohrspatz, weil ihn auf dem Freeway gerade wieder ein anderes Fahrzeug schneidet. „Wir müssen unseren Tourbus noch abbezahlen“, erklärt er entschuldigend. „Wir können es uns in Wahrheit also gar nicht leisten, aufzuhören. Aber nächsten Monat zahlen wir die letzte Rate, hurra!“ Das klingt, als ob die Pietasters dann wunschlos glücklich wären. Aber auch da fällt dem Spaßvogel am anderen Ende der Leitung noch etwas ein. „Naja, wenn Britney Spears und Reese Witherspoon gleichzeitig an meinem...“ An dieser Stelle möchten wir dezent ausblenden.Aktuelles Album: Turbo (Fueled By Ramen / MakeMyDay Records)