The Ex ist eine europäische Institution. Vor 25 Jahren als Anarchopunker gegründet sind sie im Laufe der Jahre zu einer der mitreißendsten Bands weltweit gewachsen. Eine Band, die keine Experimente scheut und oft genug obskure äthiopische Sänger mit reinen Avantgarde-Musikern hat spielen lassen. Sie treten in Ländern auf, von denen andere westliche Bands noch nie gehört haben und in den USA werden sie auf Händen getragen. In den letzten Jahren hatten sie ihre Heimat Holland und den Rest von Europa ein wenig aus dem Blick verloren. Doch glücklicherweise ändert sich das jetzt: mit einer neuen (Doppel-)CD und einigen großen Festivals zu Ehren dieses unwahrscheinlichen Jubiläums.
Wie in Himmels Namen haltet ihr das Feuer 25 Jahre am brennen?Terrie: „Ich weiß es eigentlich nicht. Vielleicht, weil wir jederzeit probieren, neue Dinge zu tun und mit neuen nicht gerade bekannten Musikern zu spielen. Von äthiopischen Folkmusikern bis zu reinen Jazzern. Und in all den Jahren haben wir nicht das Gefühl gehabt, uns zu wiederholen. Wir haben immer schon einen eigenen Stil gehabt, aber da wir jedesmal einen anderen Einfallswinkel wählen, klingt es auch jedesmal anders. Und doch ist es The Ex. Eine Band wie The Exploited besteht auch so lange wie wir, aber man fragt sich, was die Band noch immer vorantreibt. Die Frage würdest du uns so schnell nicht stellen, oder?“
Nein, sicher nicht. Kommt es vielleicht daher, dass ihr eine Art Sendungsbewusstsein habt, um als wahre Musikpioniere neues Gebiet zu erkunden. Ihr seid Anfang der 80er Jahre im Ostblock getourt und jetzt das zigste Mal in Äthiopien. Eine Art von musikalischer Entwicklungshilfe?
Terrie: „Den Ostblock kann man eigentlich nicht mit Äthiopien vergleichen. Dort kennt man nämlich Punk und Rock überhaupt nicht. Aber wir passen schon in ihre Art Kultur, eine Art von Freiheit. Äthiopien ist auch nie eine westliche Kolonie gewesen. Sie haben noch immer ihre eigene Kultur und natürlich gibt es immer noch großes Elend. Aber die Bevölkerung ist absolut nicht unzufrieden. Sie sind überzeugt, dass es wieder besser wird, jeder hilft jedem. Man sieht dort eigentlich nur lachende Menschen. Bei uns hat man schon schlechte Laune, wenn man eine Reifenpanne hat. Darübr kann man dort nur lachen. Laufen ist ja auch gesund... In den 70er Jahren entstand in Äthiopien eine blühende Musikszene, die, wenn man die Sachen aus der Zeit jetzt hört, gewaltig ist. Unverfälscht und ideenreich, kombiniert durch den Einsatz von elektrischen Gitarren und anderen westlichen Instrumenten mit ihrer urrhythmischen Musik. Tonleitern kennen sie nicht, ein Luxus, derweil man immer sehr melödiös bleibt.“
Stört es euch nicht, dass Bands wie Kane und Anouk finanzielle Unterstützung bekommen, um durch Deutschland zu touren und ihr alles selbst regeln müsst.
Terrie: „Ohne Unterstützung könnten wir auch nicht nach Äthiopien reisen. Aber es tut schon weh, sie bekommen Unterstützung, wovon die reichen Plattenfirmen profitieren. Aber so sind wir nicht, wir regeln alles selbst: Platten aufnehmen, Touren organisieren - eigentlich alles außer dem Vertrieb. Früher steckten wir sogar die Plattenhüllen zusammen. Wir sind schon in der glücklichen Lage, dass wir viele Musikerkollegen haben... Freunde, die oft auch Fans sind, so wie wir Fans ihrer Musik sind.“
Ihr seid letzen Monat mit Fugazi und danach alleine durch die USA getourt. Während meines Urlaubs sah ich in San Francisco eure Plakate hängen. Eure neue Platte ist schon die dritte, die von Steve Albini produziert wurde.
Terrie: „Steve Albini kennen wir noch aus der Zeit von Big Black. Wir spielten früher oft mit ihnen zusammen und waren gute Freunde. Er wollte uns damals gerne produzieren, wozu es leider nicht kam. Da er zur Zeit mit bekannteren Bands arbeitet, kann er auch mal Dinge tun, die ihm Spass machen, so wie mit uns. Er passt auch perfekt zu unserem Sound. Ian McKay kennen wir auch seit Jahren und haben früher auch viel zusammen gespielt. Deshalb fragte er uns, ob wir mit Fugazi touren wollten. Leider haben sie sich aufgelöst. Ian spielt übrigens mit seiner Freundin und ihrem neuen Projekt „The Evens“ auch auf unserer Geburtstagsparty im Paradiso in Amsterdam sowie in Belgien und Frankreich. Unsere letzte USA-Tour konnte dank der großzügigen Unterstützung unseres Labels Touch & Go stattfinden. Sie sind auch seit Jahren Ex-Fans und wir Fans von ihren Bands. Da siehst du es wieder, jeder hilft jedem!“
Aktuelles Album:
Turn (Ex Records / Cargo)
Weitere Infos: www.theex.nl