Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein - ein Phänomen, dass sich genausowenig planen wie voraussagen lässt. Die drei Jungs von Von Spar haben irgendwie das richtige Timing erwischt. Retrowelle hin, Casting-Geschichten her - wenn alles ganz ungezwungen läuft und man sich vollends trendunbewusst auf die Grundlagen der Musik konzentrieren kann, geht vieles einfacher. Und eben auch schneller.
Eine schmucke Hinterhof-WG im Kölner Süden. Christophe, Philipp und Thomas hocken zwischen millionenschwerem Leergut bei Weinschorle und Fortuna-Kippen zusammen und warten geduldig auf Fragen, die vielleicht nicht die Welt verändern, aber mitunter doch etwas zu Tage fördern, das nun und so eben niemand erwartet hat. Ebensowenig wie ihr Debüt: Temporeich, wild, ungestüm und nicht zuletzt anders, als all das, was sich sonst so gerade auf dem Markt tummelt. Angefangen hat alles vor - man höre und staune - knapp einem Jahr. Und die Zutaten waren denkbar einfach: Man kannte sich, mochte sich, fand Zeit füreinander und hatte als grobe Richtung etwas tanzbares mit dem Background der späten 70er im Sinn. Dann erschien schon bald die erste Maxi und der Anfang war getan - und das Interesse gab ihrem Vorhaben Recht. Warum die drei Jungs, alle zwischen 26 und 28 Jahre alt, gerade auf die späten 70er, in denen noch jeder von ihnen nicht stubenrein war, gekommen sind, ist halbwegs rätselhaft. Bestimmte nicht Schlager, Hair-Metal, NDW und Disco den Sound ihrer Jugend? „Es fällt den Leuten immer schwer, sich mit einer Zeit zu beschäftigen, die sie selbst schon erlebt haben. Das wäre dann ja quasi doppelt gelebt.“ Also folgendes: The Clash, Sex Pistols, Gang Of Four, Dead Kennedys, ESG, etc. Die Faszination dieser Zeit ist für das Trio eindeutig. „Wenn man sich all diese Bands ansieht, waren sie für ihre Zeit schon sehr experimentell. Auch wir versuchen, mit bestimmten Soundästhetiken und Klischees zu spielen, sie zu adaptieren und auf gewisse Weise neu zu entdecken.“ Und schon geht die Schublade auf - ist das noch Punkrock? „Punk war ja selbst zu der Zeit keine Limitierung, sonst hätte man ja selbst nationale Acts wie Palais Schaumburg oder Fehlfarben nicht dazugezählt. Es war eher ein Lifestyle, der in sich aber auch sehr schwammig definiert war. Für Blixa Bargeld war Punk vielleicht, den ganzen Sommer in Gummiklamotten rumzurennen, andere rammten sich Piercings en masse ins Gesicht. Man war einfach tabulos und durchbrach Grenzen, es ging einzig um Provokation. Und dieser Bereich ist schon lange abgegrast. Und in diesem Sinne ist auch unsere Musik Punk, weil sie nicht nur von der Provokation lebt, sondern von der Haltung gegenüber bestimmten Situationen. Letztendlich ist uns diese Begrifflichkeit aber scheissegal.“ Stichwort Riffklau. Wer bei The Knack deren berühmtestes Riff abkupfert, ist doch schon dreist, oder? „Es ist ja ohnehin schwierig, etwas dagewesenes unbewusst zu verwerten, weil so vieles schon da war, also gehen wir damit auch natürlich um. Die Kunst dabei ist es, ein Zitat in einen Kontext zu packen, der es wieder neu klingen lässt oder eine neue Assoziationskette zu bilden, die mit den Teilen davor und danach ineinander greift.“ Abgesehen davon, dass an jener Stelle auch niemand den Einsprengsel von „My Sharona“ erwartet - so schön hat das noch keiner verwurstet. Das Geheimnis bleibt der Überraschungseffekt, und davon hat Von Spar mit Sicherheit noch einige auf Lager. „Wenn du jedesmal gewusst hättest, was du zum Geburtstag und zu Weihnachten geschenkt bekommst, wäre das doch total langweilig!“Aktuelles Album: Die Uneingeschränkte Freiheit Der Privaten Initiative (L‘Age D‘Or/Rough Trade)
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