„Es macht mir viel Spaß, die Welt bunter zu gestalten“, sagt Bloodflowers-Frontfrau Nadia Wardi, und dass das nicht geflunkert ist, kann man auch hören: Zwischen knallbuntem Psychedelic-Flair, einem Hauch von Indie-Nostalgie und unüberhörbaren 70s-Vibes sucht sich das Düsseldorfer Quartett mit den sechs bisweilen herrlich ausufernden, beeindruckend facettenreichen Tracks seines LP-Erstlings ´Nebula´ klanglich seinen eigenen Weg und erzählt auf dem Konzeptalbum eine Geschichte von Mut, Liebe und der transformativen Kraft, sich allen Widrigkeiten zum Trotz selbst zu finden und die eigenen Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Das Besondere haben sie dabei stets im Blick.
Verträumt und atmosphärisch – Bloodflowers sind keine Band wie jede andere. Während für viele Acts das Etikett „Psych-Rock“ gleichbedeutend mit einem Blick zurück ist, sind für Gitarristin und Sängerin Nadia und ihre Mitstreiter Matthias Köhnen am Schlagzeug, Gereon Gründer am Keyboard und Tristan Müller am Bass (auf der LP ist noch dessen Vorgänger Tim Dierich zu hören) mehr als nur ein Abziehbild der alten Helden. Eher geht es ihnen um eine moderne Interpretation des Genres, und deshalb spannen sie den musikalischen Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart, wenn sie mit ihren sphärischen Songs Pink Floyd, My Morning Jacket, Tame Impala oder Khruangbin streifen. Mit dem Album-Vorboten ´Dreams´ zeigt die Band aber auch, dass sie nicht starr im Psych-Rock-Universum verharren will, denn tatsächlich erinnert nicht nur der Titel der Nummer an Fleetwood Mac zu Glanzzeiten. „Wir wollen einfach noch mehr Einflüsse einbringen“, erklärt Nadia das auf den ersten Blick ungewöhnliche Lied. „Wir wollten damit zeigen, dass wir auch Pop-Elemente haben, die vielleicht auch den Leuten gefallen, die nicht nur Psychedelic mögen.“Die Idee, alles Mögliche auszuprobieren und all das zuzulassen, was gefällt, mag auch Matthias: „Ich denke, das ist eine Freiheit, die wir mit unserem Status noch haben“, sagt der Drummer. „Wir können noch machen, was wir wollen, ohne dass jemand sagt: ‚Ich fand die alten Sachen aber besser!‘“ Eingespielt haben Bloodflowers ihr Debüt im Schwarzwald bei Produzent Patrick Stäudle, den sie durch seine Kollaboration mit der ebenfalls aus Düsseldorf stammenden Band Love Machine kennengelernt hatten und der den vier Musikerinnen und Musikern half, den Sweetspot zwischen Live-Energie und Studio-Magie zu finden.
Bloodflowers gibt es in wechselnden Besetzungen mit Nadia als einziger Konstante bereits seit fünf Jahren. Als erstes Lebenszeichen der aktuellen Inkarnation erschien 2021 die Vinyl-EP ´String Of Hearts´, doch dass sich die Band in der immer schnelllebiger werdenden Musikindustrie so lange Zeit genommen hat, bis nun ihr Album-Erstling erscheint, kommt nicht von ungefähr. „Wir sind ein wenig langsamer, weil wir uns für alles Zeit nehmen“, erklärt Nadia. „Weil wir gerne mit Konzepten arbeiten, schauen wir immer ganz genau, dass alles zusammenpasst.“ Sie lacht. „Es hat zwei Jahre gedauert, bis die Musik für ´Nebula´ fertig war, und auch für das Artwork habe ich zwei Jahre gebraucht!“
Auch die Songs selbst nehmen sich Zeit. Die meisten sind um die sechs Minuten lang und wirken mit ihrem oft hypnotischen, ätherischen Sound bisweilen wie in Töne gegossener Eskapismus, mit der die Band intensive Emotionen und transzendente Schönheit heraufbeschwört. Dem Hang zu einem klar abgesteckten Rahmen zum Trotz war es der Band bei der Arbeit an ´Nebula´ aber auch wichtig, mit ihrem Album dem Genre des Konzeptalbums neue Seiten abzugewinnen. „Die meisten Konzeptalben, die ich kenne, wie ´The Wall´ von Pink Floyd oder ´Tommy´ von The Who, sind sehr negativ“, sagt Nadia. „Die Alben von Bloodflowers sollen dagegen immer auch einen Hoffnungsschimmer haben. Sie dürfen schon düster sei, denn das Leben ist ja nicht immer schön, aber es ist wichtig, das zu reflektieren, damit umzugehen und seine innere Stärke zu finden.“
Genau das ist auch der Ansatz der Geschichte, die Bloodflowers auf ´Nebula´ klanglich und visuell illustrieren. Die titelgebende Protagonistin lebt in einer weit entfernten Galaxie, verliebt sich, wird am Ende aber mit Verlust konfrontiert und muss sich deshalb ganz allein ihren Ängsten stellen und versuchen, sie auf positive Art und Weise zu verarbeiten, um am Ende ihr eigenes Ich zu erkennen. „Tatsächlich geht es in den Texten eigentlich immer um Selbstfindung, um Selbstliebe, um Selbstwertschätzung, es dreht sich viel um Emotionen und Gefühle“, erklärt Nadia. Inspiriert wurde die Storyline der Platte vom Leben selbst. Doch auch wenn der Ausgangspunkt vieler der Gedanken in den Liedern der LP Nadias eigene Erfahrungen widerspiegeln, geht es ihr bei ihren Songtexten keineswegs darum, ihr eigenes Tagebuch zu vertonen. „Ich schreibe meine Texte in Metaphern, damit die Leute ihre eigene Geschichte darin finden können, sagt sie. Auch deshalb spart sie am liebsten mit erklärenden Details, wenn es um die Hintergründe der Texte auf ´Nebula´ geht, oder wie sie es selbst schmunzelnd ausdrückt: „David Lynch sagt, dass man die Geschichte als Künstler nicht erklären muss – und ich sehe das genauso!“
Aktuelles Album: Nebula (Eigenveröffentlichung) VÖ 08.12.
Weitere Infos: bloodflowers.de Foto: Anna Sokolova