Nahezu jede Band kommentiert ihr neues Album als den Anfang eines neuen Kapitels. Als das Beste, was sie jemals gemacht hat, und ihren wahren Sound – doch oft ist dies nur irgendein Geschwafel, welches ihr ohnehin nicht mehr abgenommen wird. Denn warum und vor allem wie sollte es jemand glauben, wenn ebenjene Band genau dieselben Worte auch schon für all ihre Vorgängeralben verwendet hat? Allerdings bestätigen Ausnahmen bekanntlich die Regel und Beach House scheinen ebenjene zu sein.
Seit 13 Jahren sind Victoria Legrand und Alex Scally auf musikalischer Ebene ein Team und mit ´7´ nun das neue Album in der Tür. Der Anfang von etwas Neuem, wie das Duo selber sagt – und wie es hörbar tatsächlich auch der Fall ist. Nach sechs Alben schien die Luft raus zu sein und die Motivation am Boden, die Lust, andere Wege zu gehen und impulsiver zu handeln dagegen umso stärker. Der Albumtitel ist so nicht nur als Erinnerung gewählt, dass dies ihr bereits siebente Studioalbum ist, sondern ebenso wegen der optischen Ähnlichkeit zur Zahl Eins. Der Anfang von etwas Neuem, nachdem sie das Alte im vergangenen Jahr mit der Compilation ´B-Sites And Rarities´ abgeschlossen haben.Der Entstehungsprozess scheint dabei wie dem Film ´Can A Song Save Your Life?´ entsprungen zu sein: Zwei Menschen begegnen sich zufällig und werden zum Team. Sie nehmen an den verschiedensten Orten in New York ein Album auf; lassen sich dabei von spielenden Kindern inspirieren, von zerbrochener Liebe und Musik, die sie seit Jahren begleitet. Es gibt keine Grenzen, niemanden, der sagt, ob eine Idee nicht doch zu weit geht oder nicht. Sie machen einfach das, was sich für sie richtig anfühlt, und haben Erfolg. ´7´ klingt wie ein solches Werk.
Legrand und Scally erinnern sich, sie hätten bei ihren früheren Alben immer bedacht, ihre Songs auch live umsetzen zu können, bei ´7´ integrierten sie jedoch alles, was ihnen zu diesem Zeitpunkt natürlich vorkam. Es musste demnach nicht bei jedem neuen Lied die Gitarre oder das Keyboard dabei sein. Manche Songs werden sogar gerade erst durch ihre Produktion interessant, die so ausschweifend ist, dass Beach House sie eigenen Angaben zufolge gewiss nicht auf die Bühne bringen können. Ebenso impulsiv ging es auch bei den Aufnahmen vonstatten.
„In der Vergangenheit haben wir innerhalb eines Jahres das Album geschrieben, sind damit ins Studio gegangen und haben es dort so schnell wie möglich aufgenommen“, erinnert sich das Duo.
„Wir haben es gehasst, weil die Aufregung über die älteren Songs zum Zeitpunkt der Aufnahmen meistens schon nachgelassen hat.“
Um dieser Falle zu entgehen, bauten sie sich für ´7´ ein Homestudio, in dem alle neuen Songs ihren Anfang nahmen.
´7´ ist so wohl nun wirklich zu einem abwechslungsreichen Neuanfang einer seit Jahren etablierten und erfolgreichen Band geworden, bei welchem sich neben noisy Dream-Pop Elektro-Elemente und hallende Düsternis stellen. Kennt man die Hintergrundgeschichte nicht, wirken die Lieder zwar mehr wie eine Sammlung von Songs als ein durchdachtes Album, doch ist man mit ihr vertraut, weiß man, dass Beach House einen Weg gefunden haben, sich wieder frisch und interessant zu zeigen und das verstaubte erste Kapitel zuzuschlagen.
Aktuelles Album: 7 (Bella Union / PIAS) VÖ: 11.05.
Foto: Shawn Brackbill