Das in der Heimat der Queen sechs junge Männer den lauten Aufstand proben, hört sich fast an wie ein Kapitel britischer Heimatkunde. Dass diese sechs Herren aber vielleicht eigentlich gar nichts Böses im Sinn haben, sondern einfach nur Musizieren wollen und ihrem Frust eine Stimme leihen, mutet doch fast schon natürlich an. Und dass ihr Bandname die englische Bezeichnung für das nervös zuckende Prachtwerk ist, das „Mann“ morgens noch vor dem Aufwachen spürt, ist wohl mehr als menschlich.
Und genauso nervös zuckt sich auch der zweite Lonplayer der Buben aus dem Industriekaff Corby durch die Boxen. Hart, aber gerecht. Konnte man dem Debut schon eine aussergewöhnliche Mischung aus purem Doom und filthy Grind-Vocals attestieren, so scheint mit „We Will Be Dead Tomorrow“ die Perfektionierung eingetreten. Sowohl in Sachen Arrangements, die wesentlich knackiger auf den Punkt kommen, als auch im Bereich Abwechslung, wurde hervorragende Arbeit geleistet. „Mit der ersten Scheibe waren wir irgendwann einfach nicht mehr zufrieden. Der Sound und die Songs gingen uns richtig auf den Sack.“ erklärt Frank Regan, die netter scheinende Hälfte des Hasskappen-Gesangsduos, die nicht wirklich offensichtliche Misere des selbstbetitelten Debuts, konnte dies doch nicht nur in der heimischen Presse Achtungserfolge am laufenden Band einfahren. Dass jedoch der Wandel der neuen Produktion hin zu wesentlich differenzierterem Doom-Sound, der nun mal richtig Arsch tritt, und die deutliche Verbesserung der bis dahin doch arg auf Grunts und Screams beschränkten Vocals, mehr als eine Weiterentwicklung darstellt, wird schon nach den ersten Takten klar. Man wird einfach weggeblasen. „Das ist genau das, was wir wollten.“ Die Leidenschaft, mit der die Jungs auf der Bühne agieren, fiel dann wohl auch Biohazards Danny Schuler und Billy Graziadei auf, die sich spontan zu einer Zusammenarbeit hinreissen liessen. Und das Ergebnis klingt brutal, ehrlich und besticht durch fast perverse Intensität. Grotesk, wie real es dann erscheint, als mein Interviewpartner Frank, den ich an diesem Tag nur auf seinem Mobiltelefon erreiche, über einen Spielplatz zu hetzen scheint, da im Hintergrund nur tumultartiges Kindergeschrei und sein Hecheln zu vernehmen ist, das hier und da von einem genervten „I don‘t know, man!“ unterbrochen wird. Der Gedanke, dass Kracher wie „The Hate Song“ oder „Fuck The Voodooman“ doch realer sind, als zunächst angenommen, lässt mir keine Ruhe. Aber wahrscheinlich ist für die Lattenpriester ihre Musik eher Ventil als Vergangenheitsbewältigung. Ein gewaltiges Ventil, dass ihnen Dauereinsatz in britischer Gazetten sichert und Bühnenpräsenz, die mit dem neuen Material und dem verfeinerten Gesangsstil sicher noch mehr Aufsehen erregen werden. Klingt fast wie der perverse, kleine, hassgesteuerte Bruder von Anselmo‘s Down. „Wir haben viel zu monoton gesungen und wollten dies ausweiten. Das wurde einfach langweilig mit der Zeit.“ Und siehe da, dieser Faktor, der das Debut nach einiger Zeit zu zäh erscheinen ließ, wurde an der Wurzel angepackt und deutlich massiert. Nicht, dass die Herren Regan und Loughlin nicht mehr schreien würden, als würde man ihnen Feuer in den Arsch blasen, nein, sie wirken der Band nun wesentlich dienlicher und schmücken nicht mehr ausnahmslos. Man versteht eher, wenn man denn verstehen muss. Vor allem spürt man. Und am Ende weiss man: Kein Raging Speedhorn ist so hart wie das Leben, aber dieses hier ist verdammt nahe dran.Aktuelles Album: We Will Be Dead Tomorrow (Steamhammer/SPV)