Nach zwei grandiosen Platten, die in Richtung der großen britischen weiblichen Folk-Stimme der späten 60er- und 70er-Jahre, Sandy Denny, deuteten, die im Geiste aber noch viel weiter in der Folk-Tradition zurückreichten, mit geradezu puristischer Simplizität glänzten und durch ihre zeitlose Schönheit bestachen, wagt die junge amerikanische Ausnahmekünstlerin Alela Diane mit ihrem ausgezeichneten dritten Album "Alela Diane & Wild Divine" nun den Schritt ins Hier und Jetzt.
“In gewisser Weise ist Zeitlosigkeit immer noch mein Ziel, aber ich finde es wichtig zu realisieren, dass es nicht mehr 1975 ist”, sagt sie beim Treffen mit Westzeit Anfang März in Hamburg. “Ich habe früher zu sehr an der Vergangenheit festgehalten, so sehr, dass ich mir dadurch selbst im Weg gestanden habe. Ich würde mich zwar immer noch als sehr nostalgisch bezeichnen, aber inzwischen habe ich kein Problem mehr damit, nach vorn zu schauen. Das kann man auch den neuen Songs anhören, ohne dass ich versucht habe, eine Pop-Platte zu machen, die mit dem Zeug konkurrieren will, das derzeit im Radio läuft.”Auf dem neuen Album – dessen Keimzelle interessanterweise am Niederrhein liegt, entstand doch ‘Heartless Highway’, der erste Text der Platte, backstage vor Alelas phänomenalem Auftritt im Duisburger Steinbruch vor rund 18 Monaten – unterzieht die 27-jährige Amerikanerin ihren Sound einem äußerst behutsamen, aber dennoch stets spürbaren Update. Zur Seite stand ihr dabei dieses Mal nicht nur ihr Vater und Leadgitarrist Tom Menig, sondern auch Produzent Scott Litt, der einst aus den hoffnungsvollen Indierockern R.E.M. die größte Band der Welt machte und bei den Aufnahmen für ‘Alela Diane & Wild Divine’ auf den Sound, aber auch auf die Auswahl der Musiker Einfluss nahm.
“Das Erste, was er sagte, war: ´Ihr braucht einen echten Bassisten´”, erinnert sich Alela lachend. Ein Rat mit weitreichenden Folgen, denn die neue Rhythmusgruppe – Bassist Jonas Haskins und Drummer Jason Merculief – sorgt auf ‘Alela Diane & Wild Divine’ dafür, dass die Rhythmik ausgefallener und die Instrumentierung im Gegensatz zum Trial- und Error-Verfahren der Vorgänger durchdachter ist. Weil außerdem Alelas Ehemann Tom Bevitori vom Bass an die Gitarre wechselte, konnte sich die in Portland, Oregon, heimische Singer/Songwriterin fast ausschließlich auf den Gesang konzentrieren. Allerdings singt Alela nicht einfach nur, sie lässt – wie einst die unerreichte Karen Dalton – tief empfundene Emotionen aus sich herausfließen.
“Ein wenig fühle ich mich beim Singen wirklich so”, bestätigt sie und zeigt sich erleichtert, nun von der Last des Gitarrespielens befreit zu sein. “Ich hoffe, dass mir dadurch der Sprung vom Folk-Mädchen mit Gitarre zu einer echten Frontfrau gelingt”, sagt sie selbstbewusst.
An großen Vorbildern dafür mangelt es ihr nicht.
“Ich habe mir Grace-Slick-Videos auf YouTube angeschaut”, verrät sie. “Es ist unglaublich, welche Größe sie besitzt, wie sie nur mit ihren Augen alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Sie bewegt sich gar nicht viel, sie ist einfach sehr ruhig und souverän.”
Kein Wunder, dass ‘White Rabbit’ von Jefferson Airplane neben John Prines "Angel From Montgomery" ganz oben auf der Liste der Songs steht, die Alela auf der kommenden Gastspielreise, auf der in der ersten Mai-Woche auch Konzerte in Deutschland anstehen, gerne covern würde.
“Ich war letztens beim Karaoke und es hat unglaublich viel Spaß gemacht, diese Nummer zu singen, weil sie so verrückt ist!”, gesteht sie lachend.
“Mit einer echten Band statt einer Karaoke-Maschine klingt sie bestimmt noch viel besser!”
Aktuelles Album: Alela Diane & Wild Divine (Rough Trade / Beggars Group / Indigo)
Weitere Infos: www.aleladiane.com Foto: Chloe Knefel