Die letzten vier Jahre von Bloc Party bestanden aus zwei Elementen: Platten machen und anschließend Gastspielreisen. Ohne Unterlass. Plattentechnisch liegen in diesem Zeitraum „A Weekend In The City“, „Flux (Single)“, Flux:Remixed“, „Intimacy“ und „Intimacy:Remixed.“ Dabei weist das Stichwort Remixed den Weg in Richtung Tanzboden. Ein neues Bloc Party-Album hätte nun durchaus in die Zeit gepasst. „Ich hätte eine neue Bloc Party-CD dieses Jahr durchaus machen wollen“, bekennt Frontmann Kele Okereke, „aber als Band brauchten wir eine Auszeit. Ich aber muss Musik machen. Da bin ich fast ein Besessener. Und plötzlich arbeitete ich an meinem Soloalbum.“ Gerüchten, es könnte sich aber auch um eine Bandauflösung handeln, tritt Kele Okereke offensiv entgegen: „In der Band steckt noch so viel Kreativität.“
Britpop versus TanzdieleKele Okereke hat zwischendurch immer mal wieder aufgelegt und dabei hat er die Seiten gewechselt und ist zum Clubsound übergelaufen. Die Remixed-Platten entstanden im wesentlichen wohl aufgrund seiner Initiative.
„Ich liebe diesen Doppelklang in der künstlerischen Arbeit“, gesteht Kele Okereke, „als ich im London der 90er-Jahre aufwuchs, war Britpop die Musik schlechthin. Es war unmöglich, davon nicht infiziert zu sein. Aber ich bin auch in die Clubs gegangen und habe der Nichtgitarrenmusik, insbesondere House und Hard House, meine Aufmerksamkeit geschenkt. Auf Ecstasy hat mir die Clubmusik eine komplett andere musikalische Ebene der Emotionen offenbart. Ganz anders als die gitarrenorientierten Britpopklänge. Eine Menge anderer Musiker aus der Szene, standen der elektronischen Musik skeptisch gegenüber. Mich interessierte beides. Also gibt es Bloc Party und meine elektronische Seite.“
Von der künstlerischen Entwicklung her gesehen, ist Kele Okerekes Album „The Boxer“, das dem Tanzboden frönt eine eher organisch gewachsene Wegmarke.
Musikalische Pendeldiplomatie
Der Wurzeln von Kele Okerekes Soloalbum finden sich in den Abbey-Road-Studios der EMI. Dort tummelten eine zeitlang nur er und ein Toningenieur.
„Ich stöpselte Synthesizer ein. Ich bastelte Schlagzeug-Beats. Ich keinen Plan und keine Ahnung, wohin das führen würde. Aber es war so aufregend, wie der Zeitpunkt, an dem zum ersten Mal meiner Gitarre Töne entlockte. Am Ende der Sessions hatte ich einen Berg melodischer Muster und Rhythmen zusammen.“
Mit einer Kiste voll von diesen rohen Aufnahmen aber ohne fertige Stücke pendelte Kele Okereke zweimal drei Wochen lang nach New York. Gemeinsam mit dem Produzenten XXXchange von Spank Rock, der Elektro-Rap Helden aus Philadelphia, wird in der Stadt am Hudson River gearbeitet.
„Der Produzent gab den Ideen und Skizzen Form. Erkannte beispielsweise sofort, welche Gesangslinien meine Bruchstücke einforderten“, beschreibt Kele Okereke die Arbeit in den Staaten, „du kannst Stücke allein sehr weit vorantreiben, aber dann brauchst du Leute, die als drittes Ohr wirken. Das geht jedoch nur, wenn du dem Produzenten absolut vertraust. Gemeinsam finden wir auch immer schnell das Ende eines Stücks. Wir verlieren uns da nicht in endlosen Diskussionen über einen besonderen Snaresound. Es soll auch gar nicht alles superperfekt sein. Die Stücke sollen leben, das ist wichtig.“
Um Kele Okerekes energiegeladenen musikalischen Visionen Wirklichkeit werden zu lassen, waren von noch zwei Sängerinnen, ein Schlagzeuger und ein Gitarrist mit im Studio. Auch live wird er bei seinen vier Terminen in Deutschland eine Band dabei haben, so wird es ihm gelingen, die von ihm vereinigten Stile treibender elektronischer Musik tanzflächentauglich zu reproduzieren. Und da geht was in Sachen Tanzfläche; denn die wird bei diesen Klängen nie leer sein. Wie sagt der Engländer bei solchen Platten so schön, „no filler, all killer.“
Aktuelles Album: The Boxer (Wichtita / Coop Music / Universal)