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ROMAN FISCHER

Selbstbildnisse

ROMAN FISCHER

In der Idylle der niedersächsischen Künstlerkolonie Worpswede, unweit von Heinrich Vogelers historischen „Barkenhoff“, wo sich um 1900 gerne Maler-Kolleg(inn)en (Otto Modersohn, Paula Modersohn-Becker), Dichter (Richard Dehmel), Schriftsteller (Otto Julius Bierbaum, Alfred Heymel) und Kunsthistoriker (Richard Muther) versammelten, traf die Westzeit mit Roman Fischer einen Sänger, der in der Ästhetik seiner Musik etwas von all den o.g. Künst(l)e(r)n verbindet, eine Prise kühler „80er Jahre“ Erotik beimischt, und somit einen einzigartigen Sound generiert...

Am Nachmittag hatte Fischer zusammen mit „seinem“ Bassisten & Schlagzeuger (mittlerweile ist die Live-Formation um einen Gitarristen angewachsen) vor dem malerischen Hintergrund eines Waldes in dem regional als „Klein-Paris“ bekannten Ort performt. Anschließend wandelte der Musiker mit dem Aussehen eines modernen „Dorian Gray“ (Roman des irischen Schriftstellers Oscar Wilde, † 1900 in Paris) auf Einladung an diversen Kulturdenkmälern vorbei. In Worpswede ist Kunst nicht nur zu Gast, hier gilt sie seit über 120 Jahren als einheimisch. Bevor es am Fuße einer bildhauerischen Darstellung des Zorns darum ging, die bisherige Karriere sowie die Veröffentlichung des dritten, schlicht „Roman Fischer“ betitelten Longplayers verbal zu verhandeln, kokettierte Fischer noch kurz mit der „Bonze des Humors“. Subjektiv betrachtet, spiegeln die Sounds von „Roman Fischer“ all das wider, obwohl der nach Berlin emigrierte Augsburger zuvor definitiv nie in dem ländlichen Örtchen gewesen war.

Angefangen hatte Fischers Musiker-Karriere vor gut 10 Jahren.

„Mit 15 habe ich angefangen, selbst Demos aufzunehmen.“ Damals lebte er in einem Dorf, war somit fast zwangsläufig ein Einzelgänger. „Irgendwann habe ich in einem Club in Fürstenfeldbruck einen Auftritt gespielt. Dort war eine Frau... Sie war sehr fasziniert, sehr nett. Sie hatte mich ins Herz geschlossen. Ich habe ihr eine CD von mir gegeben. Irgendwann, nach einem halben Jahr, hat sich dann der Marc Liebscher (Management von Fischer, Sportfreunde Stiller u.a.) gemeldet, nachdem sie ihm die CD gegeben hatte. Die Frau war seine Friseurin! Ich bin ein Glückskind, mir passieren manchmal Sachen, die sehr merkwürdig sind.“

Die Zusammenarbeit mit Liebscher brachte eine „Outtakes“ EP (2003) sowie die Alben „Bigger Than Now“ (2004) & „Personare“ (2006; alle auf Blickpunkt Pop) hervor. Zudem besuchte Fischer das Casting zum Film „Sommersturm“ (der zweite Spielfilm von Marco Kreuzpaintner erzählt die Geschichte vom Coming-out eines Jugendlichen; in den Hauptrollen agierten Robert Stadtlober / Kostja Ullmann).

„Ich habe beim Casting mitgemacht, hätte sogar mitspielen können. Doch ich möchte nicht zu denen gehören, die mir perse zutrauen, dass ich ein Schauspieler wäre. Ich habe mal im Theater gespielt, als Junge, es hat mir auch Spaß gemacht... Aber ich bin ja nicht ohne Grund zur Musik gewechselt. Also habe ich beim Film abgesagt, weil ich viel zu tun hatte mit der Musik, eigentlich lieber nur Musik machen wollte. Auf jeden Fall mochte der (o.g.) Produzent meine Musik. Dann hat er sie hineingenommen. Super für mich, davon zerre ich bis heute, weil Leute meine Musik über diesen Film entdecken!“

Die Fischer-Songs „We´ll Never Know“ / „Getaway“ sind sehr gut in den Soundtrack eingebunden. „Let It Go“ vom neuen Fischer-Album schaffte es gar auf den OST zu Til Schweiger´s „Zweiohrküken“.

„Til Schweiger hat den Song über Umwege zu hören bekommen und drauf genommen. Eigentlich eine unspektakuläre Geschichte, aber für mich natürlich Wahnsinn! Weil ich mich über die Anfrage / Platzierung im Film gefreut habe... relativ mittig im Film, in einer intimen Szene... nee, wo Til gerade im Auto fährt läuft der Song im Radio, während (Schweigers Filmfreundin) Nora (Tschirner) mit ihrer Ex-Flamme auf einem Ball ist. Eine prikäre Stelle im Film!“

Die melancholisch-malerische Kunst von / auf „Roman Fischer“ hat unzählige Ursprünge. Einmal „natürlich“ die ´80er Jahre´.

„Das ´80er Revival´ dauert bereits länger, als die 80er selber. Wir erleben Stilrichtungsmäßig zur Zeit ein solches Revival, dem kann ich mich nicht ganz entziehen. Ich bin angetan von elektronischer Musik, eigentlich aber ein Kind vom Pop der 90er. Natürlich kenne ich Nirvana, aber meine erste CD war ein `Bravo-Hits-Sampler´. HipHop-Beats, und so. Die 80er mag ich im Revival lieber als im Original. Damit meine ich Künstler(innen) wie Robyn. Aber ich denke, dass mein neues Album noch ganz viele andere Richtungen hat. Einfach, weil ich zu viele Musikrichtungen mag, als das ich mich auf eine hätte beschränken können.“

Zum anderen fließen aktuelle Strömungen ein.

„Die Einflüsse sind stets unterschiedlich. Zur Zeit höre ich sehr viel Joan As Police Woman. Die macht so ein bisschen Jazz, hat zwei Alben draußen, wovon das erste wirklich fantastisch ist. Zuerst kannte ich nur Muse und Radiohead. Dann bin ich zum B-Shit gekommen. Das ist für mich Jeff Buckley. Der hat auch diese Bands inspiriert. Der hat es im klassischen gemacht, mit Falsett-Stimme. Ich habe beim letzten Album auch Falsett gesungen. Daher der Akkord von Muse. Eigentlich kommt das aber, weil ich ein Verehrer von Buckley bin. Robyn finde ich ebenfalls sehr gut, war gerade bei ihr im Konzert. Sie macht auch dieses 80er-Revival, wenn man so will. Irgendwie wahnsinnig modern. Inzwischen verwendet sie zudem Reggae-Parts. Auch bin ich sehr geprägt durch amerikanische Musik. Ich mag The Roots sehr gerne, eben auch HipHop. Immer mehr entdecke ich jetzt noch den Soul, Sam & Dave. Barry White, und solche Sachen.“

Letzteres floss als Inspiration jedoch nicht in die Sounds auf„Roman Fischer“ ein....

„Aber meine nächste Platte könnte souliger werden. Ich mag Hardcore-Musik. Sehr hart, viel Geschrei. Und Jazz mag ich auch...“

Fischer lacht. Langsam wiederholen sich einige Botschaften. Oder ist es die Programmatik, die Fischer auf dem Opener des neuen Albums verkündet: „Out of my mind, and into your head...“ lautet der Chorus der ersten Singleauskopplung ´Into Your Head´. Eine epische Sound-Konstruktion mit 3:39 Minuten Spielzeit. Dieser Track schreibt Pop ganz groß, verlangt nach Tanzfläche. Er versprüht eine kühle, sinnliche Erotik. Und subjektiv eine Dekadenz wie sie im o.g. Roman von Oscar Wilde teilweise zum Tragen kommt. ´Das Bildnis des Dorian Gray´ geriet so zu Wildes Prosa-Hauptwerk, wie in naher Zukunft „Into Your Head“ zum Erkennungszeichen von Roman Fischer werden könnte.

„Eine Botschaft? Man muss nicht immer müssen. Der Text ist wortwörtlich aus meinem Kopf in Deinen Kopf... Oder... man zoomt raus, ist plötzlich in einer anderen Welt. Ich will nicht zuviel vorweg nehmen, aber für mich bedeutet es, dass wir uns unsere Realität ein Stück weit selbst erzeugen. Das wollte ich im dazugehörigen Video mit ganz einfachen Bildern herüberbringen. Tollerweise hat Kim Frank, der ehemalige Sänger von Echt, das Video gemacht.“

Dieser kleine Musikfilm würde mit seiner düsteren Atmosphäre, den bedrohlichen Wolken, dem Wald, und durch die utopischen Treppen sehr gut in und um die Galerien des Eingangs beschriebenen Künstlerdorfes Worpswede passen. Andererseits treibt „Into Your Head“ mit seiner Energie viele Menschen in die Glückseligkeit. Ein Schlusswort: „Glück bringt nichts, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Ich glaube schon, dass ich sehr viel arbeite. Ab einem gewissen Zeitpunkt lasse ich es aber auch mal ein bisschen zu sehr gehen. Doch nur, weil ich denke, dass es dann nicht mehr in meiner Verantwortung liegt. Die Platte war quasi vor einem Jahr fertig, dann hat man noch mal ein neues Stück geschrieben. Universal hat mir vier Jahre Zeit gegeben. Vollkommen untypisch, wie ich finde. Da musste ich ihnen natürlich die Zeit einräumen, die sie gebraucht haben, um sich vorzubereiten. Ich bin emotional schon ein bisschen durchgedreht, weil es aus meiner Perspektive eine Katastrophe ist, wenn man 3 Jahre keine Bestätigung auf das bekommt, was man gerade tut“

Aktuelles Album: Roman Fischer (Universal) Vö: 23.07.


Weitere Infos: www.romanfischer-music.de/ Foto: Michael Mann

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