Auf ihrem Debüt "Talking Through Tin Cans" offenbarten The Morning Benders vor zwei Jahren eine unverhohlene, ausschließliche Liebe für den Sound der 60er-Jahre: The Beatles, The Beach Boys, Bob Dylan oder Neil Young hallten in dem nicht nur in den USA hochgelobten Werk wider. Mit "Big Echo" reißen die Kalifornier die klanglichen Grenzen nun ein, klingen moderner, aber glücklicherweise nicht auf Teufel komm raus hip und vor allem immer noch sehr, sehr echt und unverfälscht.
Den Spagat zwischen dem melodieverliebten Pop der frühen 60er-Jahre und dem intelligenten Indiepop der Gegenwart erfolgreich zu vollführen, fiel der von Chris Chu 2005 ursprünglich als Soloprojekt gegründeten Band leichter, als man vielleicht vermuten könnte.“Bei diesem Album war uns wichtig, dass wir uns die Spontaneität erhalten”, erklärt der Frontmann im Westzeit-Interview.
“Die meisten Songs hatten wir vor den Aufnahmen noch nicht oft gespielt, deshalb klingen die Performances so frisch. Außerdem habe ich mich dieses Mal viel intensiver mit dem Produktionsprozess auseinandergesetzt, habe mir viel mehr Gedanken über Klang und Aufnahme gemacht. Auf vielen Platten, die man heutzutage hört, wurde versucht, den Raumklang des Aufnahmeortes herauszufiltern, damit sie sauberer klingen – oder sie wurden gleich mit einem Computer gemacht und es gab von vornherein keinen 'Raum'. Mir schwebte das Gegenteil vor. Ich wollte den Klang des Raumes, in dem wir aufgenommen haben, und der Kirche, in der abgemischt wurde, wirklich nutzen und ihn mit auf der Platte haben. Deshalb klingt die Platte so unverfälscht.”
Chris' aufflackerndes Interesse am Produktionsprozess ist einigermaßen überraschend, schließlich war das erste Album seiner Band ein ausgesprochen puristisches Werk, das fest im Sound und den minimalistischen Arbeitstechniken der 60er-Jahre verwurzelt war.
“Ja, das stimmt”, bestätigt er. “Lange Zeit habe ich fast ausschließlich sehr rau klingende Musik aus den 60ern gehört, und ich hatte immer Angst, dass meine Musik überproduziert klingen könnte. Als wir dann die Songs für 'Big Echo' zusammenhatten, wurde mir allerdings klar, dass wir die Platte völlig anders als unsere erste angehen mussten. Die Idee war, unsere Palette zu erweitern, denn auf dem ersten Album hatten wir uns strikt allem verschlossen, was klanglich nicht aus den 60ern oder 70ern stammte. Dieses Mal haben wir uns dagegen keine Grenzen mehr gesetzt.”
Nachdem er sich an den eingangs erwähnten Heroen aus den 60ern sattgehört hatte, öffnete Chris seine Ohren für Zeitgenossen wie The Shins, Dirty Projectors, Beach House oder Grizzly Bear (deren Chris Taylor übrigens mithalf, "Big Echo" abzumischen) und kreierte so ein außergewöhnlich ausformuliertes, wohldurchdachtes Album, das durchaus opulent und verspielt ist, aber deshalb nicht weniger auf die Hauptsache ausgerichtet ist – auf die Songs. Dennoch war sich die Band, die Anfang Juli auch auf deutschen Bühnen gastieren wird, nicht wirklich sicher, wie die Fans des Morning-Benders-Erstlings auf die doch hörbar anders klingende neue LP reagieren würden.
“Ja, wir waren ziemlich nervös”, gesteht Chris. “Bislang bin ich aber wirklich beeindruckt von dem Vertrauen, das uns unsere Anhänger entgegengebracht haben. Sie sind uns unvoreingenommen auf unserem Weg gefolgt, und die Rückmeldungen waren bislang durchweg positiv.”
Das ist natürlich nicht weiter verwunderlich: Schlicht und ergreifend eine wunderschöne Platte zu machen, ist schließlich auch anno 2010 immer noch ein ebenso simples wie effektives Erfolgsrezept.
Aktuelles Album: Big Echo (Rough Trade / Beggars /Indigo)
Weitere Infos: www.themorningbenders.com