Chelsy ist ein Trio aus dem beschaulichen, grünen Grenzgebiet zwischen Essen und Mülheim an der Ruhr. Ein Fleckchen Erde, wo man etwas abseits des hektischen Ruhrgebiets lebt. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum die Band einen zeitlosen Sound und eine tiefe Liebe zum klassischen Songwriting pflegt. Westzeit sprach mit Sänger und Gitarrist Martin Arlo Kroll darüber.
Ihr habt Euch relativ lange mit der Veröffentlichung des zweiten Albums Zeit gelassen.„Das stimmt. Aber dieses Album ist das Ergebnis eines Findungsprozesses. Wir standen vor drei Jahren plötzlich ohne Schlagzeuger da. Eine schwierige Situation für ein Trio. Zum Glück haben wir in Marcus recht schnell einen neuen Trommler gefunden, mit dem wir unseren Sound in eine andere Richtung entwickelt haben. Die Punk- und Post-Hardcore-Einflüsse wurden deutlich weniger. Wir klingen mittlerweile viel entspannter.“
Vielleicht einfach reifer?
„Natürlich auch das. Der Sturm-und-Drang des ersten Albums ist einer Schlichtheit, einer klanglichen Reduktion aufs Wesentliche gewichen. Unser Ziel war es, den Kern der Songs herauszuarbeiten, möglichst puristisch zu instrumentieren. Wir haben dabei bewusst mit Freunden wie Marius Bubat von Coma und Thomas Block aufgenommen, um die Intimität hörbar zu machen. In Liedern wie ‚For my friends’ darf man das Knarzen der Gitarrensaiten ruhig hören. Bei ‚Who needs words’ gehört nicht nur die Hammond B2 Orgel, sondern auch das Rauschen des alten Leslie-Verstärkers mit zum Klangbild.“
In Eurem Info äußern sich Mille Petrozza (Kreator), Walter Schreifels (Gorilla Biscuits, Rival Schools) und Tomte-Bassist Nikolai Potthoff sehr herzlich über das neue Album. Woher kommt diese freundschaftliche Beziehung?
„Nun ja, das sind alles Personen, mit denen wir zum einen diese große Leidenschaft für die Musik teilen und es gibt einen gegenseitigen Respekt für das, was man tut. Mit allen Dreien haben wir auf unterschiedliche Weise Berührungspunkte. Mit Wally haben wir bereits mehrfach zusammen gespielt, mit Mille trifft man sich regelmäßig in den Bars der Stadt und hat gemeinsame Freunde. Mit Nikolai wollen wir demnächst mal ins Studio gehen.“
Eure Musik passt in eine Zeit, in der Singer/Songwriter wieder hoch im Kurs stehen.
„Kann sein, dass die Veröffentlichung auch deshalb gerade recht kommt. Aber das war nicht geplant. Singer/Songwriter stehen bei uns grundsätzlich hoch im Kurs. Wir mögen Künstler und Bands, die ihren Sound so kontinuierlich weiter entwickeln, dass sie irgendwann für ein Klangbild stehen. Das bedeutet zugleich, dass sie eine Historie und einen speziellen Charakter besitzen. Wilco, dEUS oder Spoon sind solche Bands, deren Arbeit wir sehr schätzen. Sie orientieren sich nicht an irgendwelchen Trends, die gerade angesagt sind, sondern machen ihr Ding. Sie sind im besten Sinne des Wortes zeitlos.“
Zum Song „Who Needs Words“ habt Ihr ein schönes Video gedreht, das gerade bei den einschlägigen Clip-Kanälen im Internet rotiert.
„Wir wollten diesen Song, der sich mit menschlicher Kommunikation beschäftigt, gerne bebildern. Zusammen mit Christina Pfrötschner, einer Freundin von uns, die Regie-Assistenz am Theater macht, haben wir dann eine Geschichte entwickelt, die sich des Themas annimmt und das Lied unserer Meinung nach wunderbar umsetzt.“
Ihr scheint ein großes, hilfreiches Umfeld zu haben, das Euch bei dem, was Ihr tut, unterstützt. Bis nach Schweden reichen die Kontakte.
„Ja, das ist tatsächlich so und dafür sind wir sehr dankbar. Wenn man auf seinem eigenen Label veröffentlicht, dann braucht man ein soziales Netzwerk mit vielen helfenden Händen. Wir sind ja auch stets bereit, anderen Unterstützung zu leisten. Chelsy sind aus einer D.I.Y.-Szene heraus entstanden. Für uns ist es nichts Ungewöhnliches für Aufnahmen nach Schweden zu fahren oder unseren dortigen Freuden hier in Deutschland eine kleine Tour zu organisieren. Wir stehen zu unseren Wurzeln in dieser Szene, auch wenn wir dieser musikalisch entwachsen sind.“
Warum der Titel des Album „Sweet Medicine“?
„Uns gefiel die Idee, Musik als Medizin oder als heilendes Mittel zu verstehen. Zuerst gab es einen Song gleichen Titels, den wir aber nicht auf dem Album veröffentlicht haben, sondern auf einer EP vom letzten Jahr. Im Gegensatz zu herkömmlicher Medizin, hat unsere keinen bitteren Beigeschmack, sondern legt sich lindernd und wohlschmeckend auf Herz und Seele.“
Aktuelles Album: Sweet Medicine (S&V / Alive)
Weitere Infos: www.chelsy.de Foto: Stefan Eisenburger