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MICK FLANNERY

Es kommt, wie es kommt

MICK FLANNERY

Der irische Songwriter Mick Flannery hat eigentlich gut lachen: Gleich vier seiner bislang veröffentlichten 8 Scheiben landeten auf Platz 1 der irischen Albumcharts – und es gibt keinen Grund, warum das mit seinem neuen Werk „Goodtime Charlie“ nicht auch wieder klappen sollte. Und in den USA zählt Flannery zu den allseits respektierten Barden aus Europa, denen man deren Vorliebe für US-amerikanisch geprägte Musikformen und -Themen ohne weiteres abnimmt. Und nun ist sogar ein Musical in Arbeit, das auf den Songs seiner ersten LP „Evening Train“ basiert. Dumm nur, dass das den grüblerischen Song-Poeten eigentlich gar nicht interessiert. Jedenfalls richtet er seine künstlerische Tätigkeiten nicht an irgendwelchen Erwartungshaltungen aus.

„Ich muss leider sagen, dass ich die Dinge eher nehme wie sie kommen“, gesteht Mick Flannery, „und ich bin außerordentlich froh dafür, dass sie bisher auch kommen. Ich gebe als Songwriter mein Bestes und bin offen für neue Ansätze und Ideen. Ich habe und hatte aber nie irgendwelche weltlichen Ambitionen hinsichtlich meiner Karriere oder meiner eigenen Berühmtheit. Ich mag das, was ich in der Industrie erreicht habe. Ich mag mein Songwriting und ich mag es, im Studio Sachen aufzunehmen. Ich hoffe, dass ich meine Liebe für diese Kunstform auch aufrecht erhalten kann. Neue Songs und Ideen, die in meinem Kopf herumschwirren sind auch immer eine gute Gesellschaft für mich. Wenn sie dann mal fertig sind, dann werden sie sogar zu richtigen Freunden – bis dahin ist das Verhältnis dann eher so, als ginge man eine neue Beziehung ein."

Warum hat Mick den Song und Charakter „Goodtime Charlie“ zum Thema seiner neuen Scheibe gemacht? Der nicht ganz ernst gemeinte Song handelt nämlich von einem Spieler, der – so Mick – sich dazu verpflichtet fühlt alles zu unternehmen um eine gute Zeit zu haben. Als Spieler würde man Mick Flannery nämlich nicht so schnell einordnen.

„Ich habe eigentlich immer einen Songtitel auch als Titel für eine LP ausgesucht“, erklärt Mick, „diesen Titel habe ich gewählt, weil er etwas leichter ist als andere Songs auf dem Album. Ich wollte einen Titel der nicht allzu ernst ist. Und der Song ist musikalisch auch eine kleine Abkehr von dem, was ich sonst so mache. Er ist rockiger und poppiger. Da dachte ich mir, dass ein guter Song für den Titel wäre."

Überhaupt fällt auf, dass die Arrangements der neuen Songs eine gewisse Opulenz aufweisen. Ging es Mick darum, seine Songs auf diese Weise zugänglicher zu machen?

„Viele der Songs auf der Scheibe sind Co-Writes“, räumt Mick ein, „das führte zu einer Abweichung von meinem eigenen Stil. Das erlaubte uns nämlich, die Aufnahmen mit ein wenig mehr Freiheit anzugehen. Die Stile und die Genres unterschieden sich ein wenig von dem, was ich sonst so schreiben würde. Da haben wir uns erlaubt auch gleich ein wenig größer zu denken.“

Das Interessante an Mick's Songs ist der Umstand, dass Mick zwar sehr persönliche Geschichten erzählt – dass es aber selten um ihn selbst geht. Betrachtet er sich vielleicht als eine Art Bühnenautor? (Im Englischen gibt es ja den schönen Begriff 'Playwright').

„Ja, in der Tat“, bestätigt Mick, „ich habe zwar auch Songs in der Art eines autobiographischen Songwriters geschrieben – aber ich bevorzuge tatsächlich die etwas distanzierteren aber auch transferierbare Erzählweise in der Art von John Prine. Bei ihm hat man nie das Gefühl, dass es um ihn selbst geht. Stattdessen gewährt er Dir einen Blick in den Geist des Erzählers, so dass Du am Ende diese Person zu kennen scheinst oder Dir vorstellen kannst, dass der Erzähler tatsächlich Du selber bist. Ich glaube dass John Prine und vielleicht noch Jim Croce oder Joni Mitchell Songs geschrieben haben, die es gestatten, aus dem Mund von anderen Menschen zu sprechen. Diese Art von Song bevorzuge ich selber auch. Vielleicht hat das damit zu tun, dass sich meine Familie oft versammelte, als ich noch ein Teenager war und gemeinsam universelle Songs gesungen hat. Das wurde in meinen Augen zu dem, worum es bei einem eigentlich Song geht. Ich habe immer angestrebt, auch selber solche Songs zu schreiben – Lieder die in die Wohnzimmer einer Familie passen würden."

Heißt das dann nicht, dass die Erzähler in Mick's Songs – seien es die Charaktere, die er verwendet oder er selber – eher wie Schauspieler in einem Stück zu sehen sind?

„Ja, das würde ich auch sagen“, bestätigt Mick, „ein Beispiel ist der Song 'The Fact' – der entstand, als ich bei einer Autofahrt durch den Süden der USA einen Unfall auf dem Highway sah. Ich habe dann zum Beispiel Valerie June gebeten, den zweiten Refrain zu singen und sie gefragt, ob sie das dann so auslegen könne, als sei sie die Mutter des Jungen, der in dem besungenen Unfall zu Tode gekommen ist. Sie hat dann also den Song weniger als Sängerin, sondern als Rolle in einem Stück interpretiert.

Die übliche Frage, wie es mit Mick Flannery musikalisch weitergehen könnte, kann aus den zuvor genannten Gründen nicht schlüssig beantwortet werden. Nur soviel: Im Herbst steht eine Tour an, die ihn auch durch unsere Breiten führen wird – und die Arbeiten an dem Musical gehen parallel dazu mit Workshops und neuen Songs weiter. Wie gesagt: Mick Flannery nimmt die Dinge, wie sie kommen - und ist froh darüber ...

Aktuelles Album: Goodtime Charlie (OMN Label Services /L´Art)


Weitere Infos: https://www.mickflannery.com/ Foto: Susie Conroy

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