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EMILY BARKER

„Endlich eine klare Richtung“

EMILY BARKER

Vor Jahren startete Emily Barker als verheißungsvolle Stimme des Modern Female Folk, mit der Titelmusik für die so immens erfolgreiche TV-Krimireihe ´Wallander´ wurde sie schnell über die Genregrenzen hinaus bekannt. Für ihr neues Album ´Sweet Kind Of Blue´ lässt die ursprünglich aus Australien stammende Singer/Songwriterin nun ihre Wurzeln allerdings ein Stück weit hinter sich und glänzt mit unverkennbarem Südstaaten-Soul-Feeling zwischen Tradition und Moderne.

Eigentlich war Emily Barker fein raus. Mit ihrer Band The Red Clay Halo hatte sie sich über die Jahre eine stetig wachsende Fangemeinde erspielt, die Pressevertreter waren allenthalben begeistert, und als ihr Song ´Nostalgia´ aus dem Jahre 2008 für ´Wallander´ ausgewählt wurde, spitzten plötzlich auch Hörerschichten die Ohren, die für gewöhnlich um alles einen weiten Bogen machen, was nur entfernt mit dem Stichwort „Americana“ in Verbindung gebracht werden kann. Doch dann kam vor einigen Jahren plötzlich ein wenig Sand ins Getriebe bei der sympathischen 36-Jährigen, die seit Langem in Großbritannien heimisch ist.
Zwar veröffentlichte sie seit der Trennung von The Red Clay Halo einige prima Platten, doch auf dem live im Studio auf Tonband mitgeschnittenen Album ´The Toerag Sessions´ interpretierte sie lediglich ihre alten Lieder solistisch neu, und beim selbstbetitelten Album des Projekts Applewood Road, das in Rekordzeit mit nur einem einzigen Mikro aufgenommen wurde, teilte sie sich das Rampenlicht mit Amy Speace und Amber Rubarth. Bei ihren Solokonzerten spielte sie derweil viele neue Lieder, aber eine Vision für ein weiteres Soloalbum wollte sich trotzdem lange nicht herauskristallisieren. Erst als sie den Grammy-prämierten, für seine Arbeit mit Margo Price und Jason Isbell bekannten amerikanischen Produzenten Matt Ross-Spang traf, nahm ihre nun erscheinende feine neue LP endlich Formen an. „Ich habe in den vergangenen Jahren unglaublich viele Songs geschrieben, und das ohne klare Richtung“, verrät sie, als wir sie in ihrer alten Heimat Bridgetown im Südwesten von Australien erwischen. „Eine ganze Reihe dieser Lieder schrieb ich gemeinsam mit anderen, und ich experimentierte auch viel. Ich spielte Matt dann die etwa 30 Stücke vor, die ich hatte, und ihm gefielen vor allem die mit einem Blues- und Soul-Einschlag. Ihm schwebte vor, sie so wie die alten Burt-Bacharach-Nummern klingen zu lassen, mit großer Prduktion, und er nannte auch Ann Peebles und Dusty Springfields ´Memphis´-Album. Ich stürzte mich sofort auf diese Idee, denn damit hatte ich endlich eine klare Richtung!“

Die neue Platte klingt mit ihrer Melange aus Soul, Blues und einem Hauch von Gospel, Jazz und Country nicht nur wie eine echte Südstaaten-Produktion, sie wurde tatsächlich auch in Memphis, Tennessee, im berühmten Studio des Sun-Records-Gründers und Elvis-Presley-Entdeckers Sam Phillips aufgenommen. Eine nachhaltige Erfahrung für Barker. „Ich war zwar vor den Aufnahmen zu meiner neuen Platte noch nie in Memphis gewesen, aber ich hatte Nashville, das Epizentrum der Countrymusik und Dreh- und Angelpunkt der gesamten Americana-Szene, schon des Öfteren besucht“, erzählt sie. „In Nashville ist in der jüngeren Vergangenheit so viel investiert worden, dass die Stadt inzwischen ziemlich glamourös rüberkommt. Nach Memphis zu gehen, kam mir nie in den Sinn, bis Matt vorschlug, meine Platte in Memphis aufzunehmen. Kaum war ich dort, habe ich mich sofort in die Stadt verliebt, vor allem, weil sie im Vergleich zu Nashville so bodenständig ist, aber trotzdem gewissermaßen geheiligter Boden des Blues, Soul und Rock´n´Roll ist.“
´Sweet Kind Of Blue´ zeichnet sich durch eine feine Balance zwischen dem Sound der erwähnten Klassiker und modernen Elementen aus, die aus der Platte mehr machen als nur noch ein weiteres um Authentizität bemühtes Retro-Album, was Barker nicht zuletzt ihrem Kollaborateur zuschreibt. „Matt war sehr umsichtig bei der Wahl der Musiker für die Sessions und hat den Nagel dabei auf den Kopf getroffen, obwohl wir gar keine große Vorproduktion gemacht haben“, erklärt sie. „Ich habe den Musikern die Songs einfach am Klavier oder an der Gitarre vorgespielt und wir haben sie dann gemeinsam arrangiert. Da Matt genau wusste, welche Qualitäten die Musiker zu den Aufnahmen mitbringen würden, geschah das alles auf sehr natürliche Art und Weise. Ohne sein Wissen über die beteiligten Musiker wäre das aber nicht möglich gewesen.“

Aktuelles Album: ´Sweet Kind Of Blue´(Everybody Sang/Indigo)
Weitere Infos: › www.emilybarker.com

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