Als Tamara Lindemann mit der allenthalben in den höchsten Tönen gelobten LP ´Ignorance´ ihre Band The Weather Station im vergangenen Jahr klanglich stärker an Pop-Idealen ausrichtete, schien es ein wenig so, als hätte die kanadische Singer/Songwriterin endgültig mit der Vergangenheit als Ausnahmeerscheinung des Leisetreter-Folk gebrochen. Bei ihrem umwerfenden Gastspiel in Köln dagegen zeigt sie eindrucksvoll, dass der Weg von Joni Mitchell zu Kate Bush gar nicht so weit ist, weil sie alte Highlights wie ´Way It Is, Way It Should Be´ gewissermaßen entkernt und neu zusammensetzt und so in einem ganz anderen Licht neu erstrahlen lässt. Zwischen den Songs ist sie dagegen ganz die Alte, wenn sie sympathisch offen und ehrlich gesteht, wie schüchtern sie sich an diesem Abend fühlt, den Menschen im Saal dafür dankt, dass sie auch ohne Verpflichtung Masken tragen, und an ihr – wirklich unvergessliches – letztes Gastspiel in der Domstadt im King Georg erinnert. Zur Seite stehen ihr dabei zwei alte und drei neue Mitstreiter an Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboards und Saxofon, die beeindruckend präzise und doch betont organisch kühlen Highlights wie ´I Tried To Tell You´ leise und unaufgeregt kleine, aber dennoch unverzichtbare Nuancen hinzufügen und Lindeman oft die Gelegenheit geben, sich im Stile einer Jazz-Croonerin allein auf den Gesang zu konzentrieren. Perfekt strukturiert ist auch die Dramaturgie, wenn sich die Band immer weiter steigert und nach mitreißenden Versionen von ´Atlantic´, ´Parking Lot´ und ´Robber´ das brillant neu inszenierte ´Thirty´ als furioser Schlusspunkt das i-Tüpfelchen ist. Das Publikum im gut besuchten Blue Shell ist zu Recht tief beeindruckt.
Weitere Infos: www.theweatherstation.net