Egal ob mit Fairport Convention, als Kopf von Matthews Southern Comfort und oder Vordenker von Plainsong - Iain Matthews hat bereits in den späten 60ern tiefe Spuren in der Welt des britischen Folk hinterlassen, bevor er sich als Solist mehr und mehr von amerikanischer Country-, Folk- und Roots-Musik beeinflussen ließ. Bei seinem famosen Gastspiel im Grend dagegen unterstreicht der ursprünglich aus den englischen East Midlands stammende, inzwischen in Holland heimische Singer/Songwriter, dass er trotz seiner 75 Jahre viel lieber im Hier und Jetzt als in der Vergangenheit lebt. Nicht zuletzt deshalb rücken an diesem Abend die herrlich gedämpften Lieder des gemeinsam mit seinem kongenialen Sidekick BJ Baartmans im Lockdown geschrieben und aufgenommenen Albums ´Distant Chatter´ in den Mittelpunkt. Doch auch mit Songs wie ´Right As Rain´ oder ´Like A Radio´ wirft er Schlaglichter auf die jüngsten Veröffentlichungen der neuformierten Matthews Southern Comfort und beschränkt die Rückgriffe auf die unzähligen Soloalben der letzten fünf Jahrzehnte auf wenige Highlights wie ´God Looked Down´, das ihn als brillanten Texter zeigt, und ´Funk And Fire´, mit dem er am Ende des Konzerts den Hut vor einigen seiner größten künstlerischen Idole zieht. Vor allem aber glänzt er immer wieder als Interpret der Songs anderer, macht sich gleich zu Beginn ´The Frame´ von Terry Reid zu eigen, unterstreicht mit ´Reno Nevada´ und ´Blood Red Roses´ gleich zweimal seine ungebrochene Liebe zu den Songs Richard Fariñas und spielt - passend zum Wochentag - ´(Looking For) The Heart Of Saturday Night´ von Tom Waits. Dabei gelingt es ihm mit spielerischer Leichtigkeit, immer wieder neue Genres der Americana-Welt zu streifen und stimmungsmäßig ein betont breites Gefühlsspektrum abzudecken, während er zwischen den Songs mit launigen Anekdoten für amüsantes Entertainment sorgt. Wie großartig Matthews mit seinem Gitarristen Baartmans harmoniert, zeigt sich auch bei der erfreulich lebendigen Zugabenversion von ´Woodstock´, bei der das Duo den Geist von Joni Mitchells Original, der berühmten Fassung von Crosby, Stills, Nash & Young und Matthews’ eigener Hit-Version einzufangen, ohne sich zu sehr an eine der bekannten Vorlagen zu klammern. Stattdessen tut Matthews ein letztes Mal das, was ihn seit inzwischen mehr als 50 Jahren auszeichnet: Er folgt seiner Intuition und seinem Herzen.
Weitere Infos: iainmatthews.nl
©1996-24 WESTZEIT | 2022.04.01 | Autor: Carsten Wohlfeld | › kontakt › impressum › datenschutz | › Besuche uns auf Facebook