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NIKITA AFANASJEW

Sputnik

(Voland & Quist, 218 S., 24,00 Euro)

Ganz ehrlich? Wissend, dass dieses Buch eine Silbermedaille beim "Buchcover Award 2024" gewonnen hat, war ich über viele Seiten schwerstens verwirrt. Denn der Held dieses Romans handelt zwar im Berlin der 2010er Jahre mit auf geheimnisvolle Weise gestrecktem Kaviar, aber die Marke heißt sinnig "Bärluga" und nicht "Sputnik". Warum das alles natürlich doch seine Richtigkeit hat, klärt sich im letzten Teil des Buchs und so ist alles in bester Ordnung: wir gratulieren! V&Q zum CoverPreis und Afanasjew zu seiner wunderbar verrückten Geschichte. Die geht in Kurzfassung so: ein mittel-erfolgreicher Jung(Zeitungs)Journalist bekommt von seiner Chefin die Weisung, … nein! Suse Fink vom "Berliner Lokalanzeiger" ("ein Regionalblatt mit bundesweiter Ambition") empfiehlt ihrem dafür in ihren Augen vor allem durch seine osteuropäische Herkunft prädestinierten Reporter Leo Puschkin, sich doch als Mitarbeiter beim frisch eröffneten Hauptstadtbüro von "Russia Today" zu bewerben und dann "undercover" von den Desinformations- und Zersetzungsmaßnahmen der RussenTrolle zu berichten. Wird bestimmt eine ganz große Story, mindestens Walraff 2.0 – und ist für Leo zugleich eine Möglichkeit, den Bürokraten-haften Textverwaltern in seiner Redaktion wenigstens für eine gewisse Zeit zu entkommen. Der Coup gelingt tatsächlich – oder auch nicht, denn Leo wird zwar prompt eingestellt, aber so richtig zu berichten gibt es eigentlich nichts. Und wenn doch, ist es zumindest teilweise von Leo inszeniert und der damit verbundenen SkandalGefahr möchte sich Suse Fink lieber nicht aussetzen. Das Kaviargeschäft hingegen läuft weiter prächtig, inkl. Stress mit dem Lizenzgeber Vitali und Ärger mit Clan-nahen Restaurantbetreibern. Etwas Prostitutions(Pseudo)Romantik findet ebenfalls statt und Sex mit einer zukünftigen Ex-Kollegin auch. Verwirrend? Ach wo – Afanasjew erzählt seinen Stoff locker flockig herunter, hier und da erinnert mich das Ganze etwas an den brillanten Anton Artibilov. Nicht jedes Kapitel ist gleich gut, aber prächtig unterhalten wird man von dieser absurd-humorigen Geschichte durchaus. Auch wenn ungeklärt bleibt, wie es dazu kam, dass der "Berliner Lokalanzeiger" am 30. Juli 1914 mit seiner nachmittäglichen Extraausgabe den Ersten Weltkrieg auslöste...
Weitere Infos: www.voland-quist.de/werke/sputnik/


April 2025
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