(mairisch Verlag, 152 S., 12,00 Euro)
Die (Theater)Autorin Dagrun Hintze begibt sich mit diesem als "Ein deutsch-deutsches Date" untertitelten Buch auf schwerst vermintes Gelände, allein dafür gebührt ihr Respekt. Denn als "West-Schnepfe" einen Dialog mit Ost-Deutschen zu initiieren, überschreitet bei so manchem potentiellen Dialogpartner die Grenze des Tolerablen, schnell fühlt der Ostler sich belehrt oder ungerecht behandelt. Soweit, so klischee-getreu. Aber Hintze geht weiter, denn sie hat bei ihren Theaterarbeiten in Ostdeutschland durchaus die Ambivalenz dieses komplexen Themenkreises erfahren (Wiedervereinigung als Übernahme, Biografien-Bruch, Nicht-Verstanden-Fühlen, Nicht-Vorkommen, etc. - da hat fast jede/r vor 1980 in der DDR Geborene etwas zu berichten). Und sie hat darunter gelitten, dass sie eigenen und fremden Vorurteilen begegnen musste und keinen rechten Weg wusste, diese aufzulösen. Zentral scheint mir dabei eine Erkenntnis, die sie bei Ingo Schulze gefunden hat, der die Stuttgarter Autorin Ferda Ataman so zitiert: "Ich weiß, dass ich einen Migrationshintergrund habe, du weißt, dass du einen Ost-Hintergrund hast, nur die im Westen wissen nicht, dass sie Westler sind." Das ist so pauschal wie falsch und im Kern eben doch (oft) richtig. Genau wie die (gar nicht zu bestreitende) Neigung der Ostler zu notorischer Unzufriedenheit und problematischem Demokratieverständnis. Es gibt hier wie dort Ausnahmen, die (in meiner Wahrnehmung zumindest) vielleicht sogar gar keine Ausnahmen, sondern Mehrheiten sind (die KlischeeTypen sind - hier wie dort – nur lauter!). Für die in Halle und Hamburg inszenierte (und zu weiten Teilen Corona-Opfer gewordene) Theaterproduktion "Rübermachen" führte Hintze lange Interviews mit Ostdeutschen, die dann viel zu schade zum Löschen waren und deshalb nun einen wichtigen Teil dieses Buch bilden. Sie hat darin die Befindlichkeiten ihrer Gesprächspartner gut herausgearbeitet und auch recht treffend analysiert, an einigen Stellen werden sogar Ansätze für ein Auf-Einander-Zugehen und/oder Einander-Verstehen aufgezeigt. Denn sie weiß: "Wir können daraus (gemeint sind die von den Ostdeutschen in den "Wendejahren" gemachten Erfahrungen) mit Sicherheit etwas lernen. Auch für die Umbrüche, die uns in Zukunfzt erwarten." Noch spannender wäre die Sache vielleicht geworden, wären auch Westdeutsche entsprechend befragt worden – diese Perspektive vertritt hier nur die Autorin selbst und das wie schon erwähnt auf eine (Achtung Klischee!) untypische, nämlich eher reflektierte Weise.Weitere Infos: www.mairisch.de/programm/dagrun-hintze-ostkontakt
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