Das fünfte Album des New Yorker Trios Nada Surf heißt schlicht und ergreifend "Lucky". Das klingt zunächst mal ziemlich banal – obwohl dann doch so einige Zwischentöne mitschwingen: Immerhin kann sich ja eine Band, die nicht mehr (aber auch nicht weniger) als straighten Gitarrenpop macht, glücklich schätzen, wenn sie es schafft, von den Unbilden des Business verschont, immerhin fünf Scheiben nach eigenem Gusto zusammen einzuspielen und damit nicht nur immer besser, sondern auch immer erfolgreicher zu agieren.
Da gibt es eigentlich auch keinen Grund, das Rezept zu ändern, wie uns Ira Elliot. Der rührige Drummer des Trios verrät:„Unser Ansatz ist ja eigentlich immer derselbe“, gesteht er auf die Frage, ob es bei der Entstehungsgeschichte von „Lucky“ irgend etwas Neues gegeben habe, „wir haben eigentlich keinen großen Plan, sondern arbeiten mit allerlei kleinen Stücken, die wir angesammelt haben und dann zusammen entwickeln. Wir hatten uns allerdings dieses Mal einen Monat Proben vorher genehmigt."
Das heißt, die neuen Songs sind eher spontan entstanden?
"Wir hatten schon fünf oder sechs konkrete Ideen und ein paar Überbleibsel von den Sessions zum letzten Album", führt Ira aus, "aber, wie wir bei dem Vorgänger 'Let Go' gelernt hatten, haben wir auf unsere Spontaneität vertraut, wo wir z.B. Ideen, die wir am morgen hatten, am Nachmittag gleich ausgearbeitet hatten. Wir lassen uns aber auch gerne kleine Puzzlestücke, die wir gar nicht erst auflösen, bevor wir ins Studio gehen."
Das ist wohl auch der Grund, warum sich einige Nada Surf Tracks so anhören, als bestünden Sie aus mehreren Songs gleichzeitig – was durchaus ein Pluspunkt ist.
"Ja, es ist wichtig für uns, uns selbst ein paar Freiheiten zu lassen, die wir dann erst im letzten Moment angehen – oder auch nicht", philosophiert Ira, "ich denke, dass 'Lucky' so gesehen eine konsequente Fortsetzung von 'The Weight Is The Gift' darstellt und dass es sogar das Ende einer Trilogie ist. Ich kann Dir dabei gar nicht sagen, wo genau der Unterschied zwischen den einzelnen Alben ist – wir denken über so etwas gar nicht nach. Und wenn Du z.B. das Album zwei Mal gehört hast, dann hast Du es ein Mal mehr gehört als ich. Das finde ich nämlich immer sehr schwierig. Es gab zudem eine Phase, während der ich mir gar nicht sicher war, ob mir das neue Album überhaupt gefällt. Man zweifelt immer an seiner eigenen Arbeit. Das passiert mir bei jeder Scheibe."
Insgesamt klingt die neue Scheibe eine Spur simpler und düsterer als Let Go, oder?
"Es gibt da schon eine düstere Note auf der neuen Scheibe, mit der ich mich erst anfreunden musste", räumt Ira ein, "die Songs beschäftigen sich quasi damit, Depressionen zu bekämpfen. 'Beautiful Beat' ist so ein Song – eine Hommage an einen Rhythmus mit der Aussage, dass ein simpler Beat dich beflügeln kann.“
Wenn Ira „düster“ sagt, dann meint er offensichtlich auch die Bilder, die in den Songs verwendet werden – wie z.B. in dem mitreißenden Hit 'See These Bones', mit denen Matthew offensichtlich Skelettknochen meint.
„Ja, wir haben natürlich viel über diese Sache gesprochen“, verrät Matthew, „Matthew war in einer Krypta in Rom, in der Kapuzinermönche allerlei aus Knochen hergestellt hatten. Dass beeindruckte ihn offensichtlich sehr."
Und neben poetisch verbrämten Lyrizismen gibt es mit "The Fox" auch erstmalig einen – halbwegs – politischen Nada-Song. Wir können uns jedenfalls glücklich schätzen, mit Nada Surf eine Band zu haben, die verlässlich ein solides Gitarrenpop-Meisterwerk nach dem nächsten aus dem Ärmel schüttelt – und dabei immer noch die sympathische, kleine Indie-Band von nebenan geblieben ist.
Aktuelles Album: Lucky (CitySlang / Universal)
Foto: Autumn de Wilde