Zachary Cale gehört zu den Musikern, die lieber auf ihrem eigenen Weg unterwegs sind, als nach der neuesten Mode zu schielen. Seit Jahren schon verbindet der 43-jährige US-Singer/Songwriter subtil unterschwellige Melancholie und eine fesselnde lyrische Bildsprache, die den Hörer ohne Umwege in seine Welt entführt. Jetzt erscheint ´Skywriting´, sein feines siebtes Album, auf dem sich ungewohnt heiter gestimmte Classic-Rock-Elemente unter altbekannte Roots-Einflüsse mischen und doch stets die Songs an sich im Mittelpunkt stehen. Musik aus einer anderen Ära, die trotzdem nicht wie von gestern klingt.
Zachary Cale ist inzwischen sein halbes Leben in Brooklyn zu Hause, doch davor ist er schon in jungen Jahren ziemlich viel herumgekommen. Geboren im östlichen Teil Louisianas, verbrachte er seine Jugend in Washington State ebenso wie in Indonesien und bekam so das Reisefieber praktisch in die Wiege gelegt.„Meine Eltern haben als Lehrer im Auslandsdienst gearbeitet, deshalb habe ich als Kind in Übersee gelebt und bin auch sonst viel unterwegs gewesen“, verrät Cale im Westzeit-Interview. „Als ich dann nach New York kam, fühlte sich das sofort wie zu Hause an, weil ich auch davor nie in den Vororten gelebt hatte, sondern immer von vielfältigen Menschen umgeben gewesen war."
Auf Reisen gegangen ist Cale allerdings auch seitdem oft, für seinen Brotjob in der Kunstwelt genauso wie als Musiker. Tatsächlich dreht sich auf seinem neuen Album ´Skywriting´ vieles um Menschen in Bewegung, um das Unterwegssein, den ewigen Zustand des Ankommens und Abreisens, der auf langen Fahrten zwischen zwei Orten aber auch viel Zeit fürs Nachdenken, fürs Grübeln, für Selbstzweifel und das Hinterfragen der eigenen Künstlerexistenz lässt.
„Viele der Texte und der darin verwendeten Bilder spiegeln die Zeit wider, als ich viel von zu Hause weg war, das ganze ´Wo bin ich? In welcher Stadt bin ich gerade? Es ist verrückt, dass wir so leben!´“, verrät er. „Denn so viel Freude das alles auch macht – es gibt auch immer einen bittersüßen Beigeschmack."
Dass Cale gerade in Zeiten einer Pandemie, in der viele Menschen gezwungen waren, Wochen oder Monate in den eigenen vier Wänden zu verbringen, über die Fallstricke des Unterwegsseins sinniert, mag ungewöhnlich erscheinen, hat aber einen guten Grund: Die Songs auf ´Skywriting´ entstanden bereits vor einigen Jahren, direkt im Anschluss an die im Jahre 2016 veröffentlichte atmosphärisch dichte Glanztat ´Duskland´. Anders als beim famosen Vorgänger aus 2020, dem heimelig-warmtönenden Doppelalbum ´False Spring´, ist Cale hier etwas abseits der Americana-gefärbten Singer/Songwriter-Pfade unterwegs und tummelt sich stattdessen nun eher im Dunstkreis von Tom Petty, Wilco, Big Star oder den Go-Betweens, ohne sich dabei allerdings zu verbiegen oder die prägende eigene Note aus den Augen zu verlieren.
„Ich hatte damals eine komplette Band, mit der ich regelmäßig auf Tour war“, erklärt er die dezente klangliche Neuausrichtung. „Wir spielten immer öfter in Rock-Läden oder im Vorprogramm von Rock-Bands, und deshalb haben wir uns das Ziel gesetzt, eine Rock-Platte zu machen, denn das war der Punkt, an dem wir uns befanden, oder zumindest, auf den wir uns zubewegten.“
Unerwartete Herausforderungen in seinem persönlichen Umfeld, die bedrückende Stimmung in den Staaten nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten und der Verlust seines Labels warfen dann allerdings dunkel Schatten auf das ´Skywriting´-Projekt. Am Ende hatte Cale das Gefühl, dass alles zu lange dauerte und wandte sich lieber den Songs zu, aus denen später ´False Spring´ wurde. Doch auch wenn Cale zu den Musikern gehört, die sich ihre alten Lieder am liebsten nie wieder anhören, wusste er tief drinnen doch, dass ´Skywriting´ eine gute Platte war. Dazu kam das, was er nur halb im Scherz als „Gruppenzwang“ der an den Aufnahmen beteiligten Musiker beschreibt.
„Sie fragten mich: ´Warum ist die Platte nie herausgekommen, das ist so schade!´“, erinnert er sich. „Das bestärkte mich in dem Glauben, dass das Album wirklich gut ist. Stilistisch ist es ein bisschen anders, aber ich habe immer dazu gestanden und bin froh, dass es nun herauskommt.“
Mit der neuen Veröffentlichung im Rücken hofft Cale nun, nach einigen ruhigeren Jahren, in denen zuerst das Leben und dann COVID-19 ausgiebigen Live-Aktivitäten im Wege standen, endlich wieder auf die Konzertbühnen in den USA und in Europa zurückkehren zu können.
„Mein Traum ist es, dass ich wieder mehr live spielen und Menschen erreichen kann“, sagt er abschließend. „Das ist alles, was ich will.”
Aktuelles Album: Skywriting (Org Music) VÖ 08.04.
Weitere Infos: www.zacharycale.com Foto: Alfra Martini