Quasi aus dem Nichts erscheint mit „Revolution: Lost“ ein Album, dass trotz seines Namens ebenso revolutionär wie auch einfach durchdacht wirkt. Es verbindet Menschen, die sich bis dato nicht wirklich kannten und ist vielleicht im Endeffekt noch viel mehr als nur ein Album. Eine Brücke, ein ideenreiches Spektrum, ein Sammelsurium effektvoller Musik und facettenreicher Gesänge. Vater des ganzen ist der Essener Klaus Gratzel, der dieses Ein-Mann-Projekt mit vollster Leidenschaft betreibt.
Der Name Rotoskop vermittelt filmhafte Erlebnisse, die dem 37-jährigen durchaus nahe stehen. „In erster Linie bin ich wohl ein visuell denkender Musiker. Das heisst, ich interessiere mich auch für Grafik und Gestaltung. Und meine musikalischen Ergüsse sind halt auf gewisse Weise der Soundtrack zu dem Film in meinem eigenen Kopf, wenngleich auch etwas dunkler gefärbt.“ Ein Blick aufs Albumcover, das mit Ausschnitten aus Fotografien von Gratzels Gesicht und Körper versehen ist, scheint der Musik entgegenzuwirken, da doch erst die illustre Reihe an Gästen dem Album wirklich ein Gesicht gibt. „Das waren meine ersten Versuche, das leidige Thema Promo-Fotos anzugehen. Ich hatte gedacht, dass ich niemals mein Gesicht auf das Cover meiner Platte packen würde, aber als Collage wirkt es ganz anders. Meine Gäste, die einen gehörigen Anteil an dem Endergebnis haben, sind alle im Booklet zu sehen, was mir sehr wichtig war.“ Wie kann man sich die Idee, die dann zum Tapetrading mit Künstlern wie Philip Boa oder Foetus führte, vorstellen? Ein großer Fundus an Songs und der Traum, dass Person X diesen performt? „Ich habe immer eine Auswahl an Songs an die jeweiligen Künstler geschickt und ihnen gesagt, dass sie sich was aussuchen können, wozu sie einfach Lust haben. Die Qualität der Sachen, die ich dann zurückbekam, war verblüffend. Ich habe mein Material auch nicht gezielt mit dem Hintergedanken verschickt, dies hier könnte jenem besser gefallen als jemand anderem, sondern lediglich meine persönlichen Favoriten. Komisch dabei ist, dass die Künstler sich immer Sachen ausgesucht haben, die kein anderer bearbeitet hat, obwohl sie garnichts von den Aktivitäten ihrer Kollegen wussten. Wäre mit Sicherheit interessant gewesen, zu sehen, was unterschiedliche Leute mit den gleichen Basics anstellen, aber eine glückliche Fügung hat das nicht zugelassen.“ Es ging jedoch nicht darum, große Namen ins Boot zu holen, um das Produkt attraktiver zu machen. „Ich wollte mit Leuten zusammenarbeiten, die ich sehr schätze, aber ich wollte sie nicht produzieren, sondern ihnen freie Hand lassen, was sie mit meinen Tracks anstellen.“ In diesem Kontext fallen die „ordinären“ Remixe zweier Songs, die aus der Feder von Ruby und Sun stammen, auf dem Album etwas aus dem Rahmen. „Die passen insofern, weil sie sich musikalisch einfügen und die gleiche Grundstimmung besitzen. So ist der Rotoskop-Sound halt: düster, schwer, elektronisch, aber nicht kalt und mit organischen Elementen verwoben. Und irgendwie hören sich die beiden Songs so an, als hätten Ruby und Sun meine Basics veredelt.“ So entstand dann auch die Idee, über die Websitewww.rotoskop.de einen etwas anderen Remix-Contest zu starten, bei dem Basics heruntergeladen werden können, die dann bearbeitet wieder zurückgeschickt werden sollen. „So hat jeder, der möchte, die Möglichkeit, mitzuarbeiten. Warum soll das, was ich mit „namhaften“ Künstlern gemacht habe, nicht auch mit jemandem, der vielleicht in der gleichen Situation wie ich für sich alleine Musik macht, funktionieren. Und wenn da nun eine wirklich gute Nummer bei ist, kommt diese auch aufs nächste Album, definitiv.“ Eine reizvolle Idee, die hoffentlich regen Zuspruch findet.Aktuelles Album: Revolution: Lost (Nois-O-Lution/Indigo)
Weitere Infos: www.noisolution.de Foto: Label