Als ehemaliger Drummer der Felice Brothers und Frontmann von The Duke & The King hat Simone Felice seine Liebe zur Musik entdeckt. Und zugleich erkannt: Nur ein Alleingang kommt für ihn zukünftig in Frage. Mit ´Strangers´ legt er sein zweites Soloalbum vor und findet Frohsinn im zuletzt arg gebeutelten Dasein: „Nicht einmal vier Jahre ist es her, da dachte ich, es wäre alles aus und sah mein Leben an mir vorbeiziehen“, gibt Felice ohne Umschweife zu und empfindet die damals schwierige Herz-OP inzwischen als Gnadengesuch für eine zweite Chance.
In aller Regel läuft das so: Man wächst bei den Eltern auf, kapselt sich als Teenager ab und verlässt mit der Volljährigkeit die Geburtsstädte, um es irgendwo anders auf eigene Faust zu versuchen. Bei Simone Felice lief es genau umgekehrt – für ihn existiert auch Jahrzehnte später eine starke Verbindung zu seiner Heimat und so lebt er heute noch dort, wo er als Kind aufwuchs.„Ich bin nicht der einzige Musiker, der sich von den Catskill Mountains nahe New York City angezogen fühlt: Jimi Hendrix verbrachte sein Leben hier und Van Morrison weite Teile seiner Storm & Drang-Phase“, rechtfertigt Simone Felice sich ein wenig.
Sein neues, zweites Album ´Stranger´ entstand folgerichtig auch in dieser Umgebung und markiert ein Ausnahmewerk in seinem Schaffen. Der Blick zurück ist dem in die Zukunft gewichen und doch ist die Vergangenheit wichtig, um das aktuelle Schaffen zu verstehen.
Im Jahre 2010 erfuhr Simone Felice, dass er bald Vater werden würde und erhielt zeitglich einen Anruf seines Hausarztes, der bei einem Routinecheck Störungen an der Blutzufuhr zum Herzen feststellte und eine Gefäßverengung diagnostizierte. Welche nur mit einer äußerst komplizierten Operation behandelt werden könne:
„Damit brach für mich eine Welt zusammen und mein ganzes Leben raste an mir vorbei. Die frohe Kunde der Schwangerschaft traf auf die bitterste Nachricht, die ich mir vorstellen konnte – aufgrund der Komplexität des Eingriffs handelte es sich keineswegs um eine Routine-OP.“
Nicht das erste Mal, dass Simone Felice in seinem Leben eine Grenzerfahrung machte – bereits 1988, im zarten Alter von zwölf Jahren, entdeckten Ärzte ein schwerwiegendes Aneurysma und gleich mehrere Monate verbrachte der damals junge Schüler im Krankenhaus seiner Nachbarschaft.
„Ich hatte Glück“, freut er sich heute und ringt sich ein Lächeln ab.
Wohl eher Glück im Unglück, korrigiert man ihn und fragt, ob es vielleicht mit solchen Hiobsbotschaften zusammenhängt, dass seine Musik derart zerbrechlich und emphatisch klingt – Felice überlegt, streicht sich die Haare nach hinten und nickt:
„Sicherlich hat die OP dazu geführt, dass ich meine Nachfolgeband The Duke & The King nach dem Ausstieg bei The Felice Brothers ebenfalls auf Eis legte und meine eigene Geschichte zu erzählen begann: Ungeschönt und mit all den schlimmen Situationen, die ich dafür durchleben musste.“
´Strangers´ markiert den bereits erwähnten Neuanfang und soll das Kapitel der Tiefschläge ein für alle Mal schließen:
„Leicht war das nicht, den dunklen Schleier gegen die Hoffnung einzutauschen. Irgendwann richtete sich mein Blick aber wieder auf die positiven Dinge, die mir zuvor nicht auffielen.“
Stets im Folk und Americana verankert, beweist sein zweites Album, dass Simon Felice mit dem Ausstieg aus dem Bandkonstrukt alles richtig gemacht hat – „wobei ich niemals Nie sagen würde, vielleicht geht es irgendwann zurück zu den Kollegen.“
Das habe er schließlich gelernt, sein Leben in vollen Zügen zu genießen. Koste es, was es wolle.
Aktuelles Album: Strangers (Team Love / Indigo) VÖ: 28.03.
Foto: John Huba