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THE KILLS

Das Brodeln im Hintergrund

THE KILLS

Dem eleganten Minimalismus ihrer frühen Veröffentlichungen kehren The Kills auf ihrer neuen LP "Blood Pressures" endgültig den Rücken, wenngleich das nicht bedeutet, dass ihr inzwischen rhythmusbetonterer Sound an der Schnittstelle von Blues, Punk, Electro und Rock deshalb weniger elektrisierend ausfällt. Nur mit Google nach der Platte suchen sollte man besser nicht, es sei denn, man möchte vor der tödlichen Wirkung von Bluthochdruck gewarnt werden.

“Haha, das ist ja lustig! Das ist mir noch gar nicht aufgefallen, weil ich bisher nicht versucht habe, den Namen zu googeln”, zeigt sich Sängerin Alison Mosshart beim Treffen mit der Westzeit in Berlin amüsiert, bevor sie mit gespieltem Entsetzen hinzufügt: “Na toll, jetzt wird niemand unsere Platte finden können! Da hätten wir auch wirklich selbst drauf kommen können, was?”

In Wahrheit hat der Albumtitel allerdings keinen medizinischen, sondern einen literarischen Ursprung.

“Den Titel haben wir ausgewählt, nachdem ich ´Weißes Verhängnis´ von James Fox gelesen habe”, verrät Alison. “Die Handlung spielt in Afrika, und in einer Szene wird ein Ort namens Blood Pressure Ridge erwähnt. Ich dachte mir: Erstens, da würdest du gerne mal hin, und zweitens, was für ein cooler Name! Also hab ich ihn in mein Notizbuch gekritzelt. Später bin ich dann wieder darüber gestolpert.”

Doch nicht nur der Albumtitel war schnell gefunden, auch die Aufnahmen gestalteten sich weit weniger schwierig als beim 2008 veröffentlichten Vorgängeralbum.

“Bei ´Midnight Boom´ schrieben wir 12 Songs, bevor wir einen hatten, der letztlich auf dem Album veröffentlicht wurde”, erinnert sich Gitarrist Jamie Hince. “Dieses Mal war das anders, vermutlich einfach deshalb, weil wir mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein an die Aufnahmen herangegangen sind. Nachdem wir ein paar Stücke zusammenhatten, war uns klar, dass jeder Song, den wir schreiben würden, auch auf der Platte landen würde. Wir sind dieses Mal einfach sehr früh in Schwung gekommen. Ein Großteil dessen, was wir in der ersten Woche erarbeitet haben, findet sich nun auf dem neuen Album wieder.”

Gewissermaßen machte das Duo so aus der Not eine Tugend, denn seit Alison auch bei The Dead Weather am Mikrofon steht und Jamie – zumindest nach Auskunft der Boulevardpresse – das Glamour-Leben mit seiner zukünftigen Ehefrau Kate Moss genießt, ist die Zeit merklich knapper geworden für die musikalischen Aktivitäten von The Kills.

“Vielleicht stimmt das”, sagt Jamie zögerlich, bevor er lachend hinzufügt: “Womöglich war es aber auch ein langweiliger Grund, zum Beispiel, dass wir mittlerweile in unserem Tun einfach besser geworden sind!”

Genau das war seinem Bekunden nach ausschlaggebend dafür, dass der Band inzwischen Gitarre und Drumcomputer längst nicht mehr reichen und sich auf "Blood Pressures" bei einigen Songs nicht nur "exotische" Instrumente wie Mellotron oder Optigan wiederfinden, sondern bei zwei Nummern sogar ein dezent eingesetzter Gospelchor auftaucht.

“Wir hatten einfach das Gefühl, dass nach neun Jahren The Kills die Zeit reif dafür war!”, erklärt Jamie. “Es ist einfach spannend, einen Song auf einem anderen Instrument zu schreiben.”

Doch wenngleich der Wille der Band, neue Pfade zu beschreiten, auf dem neuen Album unüberhörbar ist: Musikalische Authentizität und künstlerischer Anspruch haben für Alison und Jamie weiterhin hohe Priorität. Das bedeutet auch, dass die klanglichen Veränderungen gewissermaßen unter der Oberfläche stattgefunden haben. Es brodelt, aber nur im Hintergrund.

“Was die Struktur betrifft, unterscheiden sich die Songs nicht großartig von früheren, besonders im Vergleich mit ´Midnight Boom´”, glaubt Jamie.

“Ich habe dieses Mal sieben oder acht Verstärker benutzt, deshalb ist der Gitarrensound bisweilen geradezu monströs und ziemlich dreckig. Genau darauf war ich aus: Ich wollte, dass es klingt, als würde alles auseinanderbrechen. Das verschlingt natürlich einen großen Teil des Klangspektrums. Ich wollte an den Stellen, an denen bisher Stille herrschte, einfach im Hintergrund eine alte Tape-Echo-Maschine herumwabern lassen. Dadurch entsteht der Eindruck, dass eine Menge passiert, obwohl das eigentlich gar nicht der Fall ist.”

Glück gehabt! The Kills bleiben The Kills: überraschend und einzigartig.

Aktuelles Album: Blood Pressures (Domino/ GoodToGo)


Weitere Infos: www.thekills.tv

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