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SOCIAL DISTORTION

Songs für ein ganzes Leben

SOCIAL DISTORTION

Jedes Leben hat seinen eigenen Soundtrack: Einen spezifisch ersten Song, an den wir uns erinnern können, Songs, die uns in unsere Kindheit zurückführen, ein erstes Date vor unserem geistigen Auge Revue passieren lassen und solche, die einfach nur tränen- und whiskeygetränkt sind. Alle haben sie eins gemeinsam: Sie sind uns heilig! Und die dazugehörige Band ebenfalls! Mit Johnny Cash und Elvis fing alles an, später kamen The Clash und die Ramones dazu, aber wohl kaum eine andere Bands hat so maßgeblich zu meinem Soundtrack beigetragen, wie Social Distortion:

Unzählige Male bin ich nach durchfeierter Nacht auf dem Boden vor meiner Anlage aufgewacht, während immer noch ‚Born To Lose’ lief, genauso viele Roadtrips habe ich unternommen und dabei ‚Nickels and Dimes’ aus den Boxen schallen lassen, mir zu ‚Alone & Forsaken’ die Augen aus dem Kopf geheult und bei ‚Winners und Losers’ noch mal von vorne angefangen. Mike Ness schließlich Face to Face zu treffen bescherte mir fast einen Herzanfall, und nur dank seiner anbetungswürdig freundlichen und entspannten Art, überstand ich das Interview unbeschadet.

Euer neues Album heißt ‚Hard Times & Nursery Rhymes’ – Wie seit Ihr auf diesen Titel gekommen?

„Das ist eine Art Metapher. Man benutzt Nursery Rhymes um Kinder aufzuheitern oder zu unterhalten – Musik bedeutet das Gleiche für Erwachsene, egal wie hart das Leben manchmal auch ist, man braucht Musik, um gerade miese Zeiten durchstehen zu können.“

Vermisst Du manchmal die alten Zeiten als Punkrock noch neu und gefährlich war?

„Ja, irgendwie schon, aber das ist eine Zeit, die sich niemals wiederholen wird, die späten 70er und frühen 80er waren der Anfang und Dinge müssen sich weiterentwickeln und obwohl Veränderung oft schmerzhaft ist, kann die Weigerung sich zu entwickeln, zerstörerisch sein. Ich war ein Punkrocker mit 17, mittlerweile bin ich erwachsen geworden und Punkrock bedeutet heute für mich, dass ich nicht nur über Missstände rumnöle, sondern aktiv werde, das ist auch der Grund, warum ich PETA unterstütze.“

Was hat Dich maßgeblich bei der Entstehung Eurer neuen Scheibe beeinflusst?

„Musikalisch bin zurück gegangen zu den späten 70ern, um Einflüsse zufinden, die zwar vertraut, aber trotzdem andersartig sind, als dieses 1,2,3,4 Ramones Ding, in dem ich gerne schon mal stecken bleibe. Solche Songs könnte ich den ganzen Tag schreiben, aber ich wollte nicht einfach nur ‚just another Social Distortion album’ rausbringen – Bruce Springsteen hat mich inspiriert, Tom Petty und die Stones. Natürlich sind immer noch eine ziemliche Dosis Ramones, Johnny Thunders and Hank Williams mit von der Partie, aber ich habe versucht, meine Vorbilder mal unter anderen Aspekten zu betrachten.“

Ihr habt 1996 in Deutschland vor 600 Leuten gespielt, nicht mal 10 Jahre später hat sich die Zahl Eurer Zuschauer verzehnfacht. In der Zwischenzeit habt Ihr Euch hier und im Rest Europas nicht blicken lassen. Ein Phänomen, oder?

„Ja, das ist zweifellos ein Phänomen! Ich nehme es nicht als selbstverständlich hin und wir werden so etwas auch nie wieder tun. Durch die unglaubliche Resonanz hier wurde uns klar, wie dass wir öfter in Europa touren und den Leuten zeigen sollten, dass sie wichtig für uns sind. Für Juni 2011 ist schon eine Tour gebucht. Wir sind gespannt: Es werden Leute da sein, die uns schon vor 20 Jahren gesehen haben und gleichzeitig ist eine neue Generation herangewachsen, die uns noch nie live gesehen und nur von uns gehört hat. Um ehrlich zu sein, mochte ich es Mitte der 90er auch nicht besonders hier – Ich war wohl einfach ein arroganter Amerikaner und ärgerte mich über die Dinge, die ich von zu Hause gewöhnt war und die es hier nicht gab. Ich mein, ich habe immer noch bei McDonald’s gegessen. Mittlerweile genieße ich es zu Reisen und kann mich für die ganze Geschichte und Kultur anderer Länder begeistern. Ich war wohl ein bisschen engstirnig damals.“

Was war die schwierigste Zeit in der Geschichte von Social Distortion?

„Die ersten fünf Jahre waren einfach nur eine große Party, es war für uns keine Karriere in dem Sinne, sondern wir waren einfach nur glücklich auf der Bühne zu stehen. Mitte der 80er, als ich von den ganzen Drogen wegkam, fingen wir an, alles ein bisschen ernster zu nehmen, um weiter zukommen. Wir hatten eine Menge harter Zeiten. Wir waren schließlich nie eine Band, die einen No1-Hit hatten, Millionen von Dollars und die Freiheit zu tun und lassen, was wir wollen. Der härteste Moment war, als Dennis in 2000 starb, wir fragten uns, ob wir überhaupt weitermachen sollen, aber als ich ‚Don’t take me for granted’ durchzuckte mich die Gewissheit, dass ich weitermachen musste. Dennis und ich hatten Social Distortion zusammen gegründet und ich musste es zu Ende bringen. Es gab unserer Band mit einem Schlag einen neuen Sinn. Wir wollten das Werk unseres Freundes weiterführen...“

Tja, Ihr würdet vermutlich Eure Seele verkaufen, um den Rest meines Tapes zu hören, leider ist mein Platz begrenzt. Als wir zum Ärger des Labels und aller Wartenden das weidlich überzogene Interview beendeten, erwachte ich Gott sei Dank rechtzeitig aus meiner ehrfürchtigen Starre, um Mike Ness fürs Photo auf die andere Seite zu schubsen: Sorry, Mike – this is my better side!

Aktuelles Album: Hard Times & Nursery Rhymes (Epitaph / Indigo)

Foto: Danny Clinch

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