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SERUM 114

Punk mit Ansage

SERUM 114

Das Epizentrum eines gerade losgetretenen Punk´n´Roll Bebens liegt bei 50° 07¢ N, 8° 41¢ O. Das sind, bei näherem Hinsehen, die Koordinaten von Frankfurt am Main. Dort sind Serum 114 beheimatet. Ihren Namen haben sie beim Stanley Kubrick Klassiker „A Clockwork Orange“ entliehen. Serum 114 ist die Substanz, die aus einem bösen Menschen einen besseren Menschen machen soll. Am Ende aber versagt sie und das Chaos ist vorprogrammiert. Kubricks Kritik an der Gesellschaft speist sich aus der Darstellung der Unnahbarkeit der Realität und dem Scheitern der Menschlichkeit.

Daran knüpft junge Truppe an. Sie hat sich hohe Ziele gesetzt hat, zum Beispiel, „so richtig auf die Kacke hauen“, wie Drummer Nils zum Besten gibt. Was er damit meint, das haben Serum 114 in die Rillen ihrer gleichnamigen neuen CD gepresst. Knallharte Gitarren, hochgetuned auf Megageschwindigkeit werden von gnadenlosem Trommelsperrfeuer noch weiter vorwärts getrieben. Die Bass-Saiten sind aufs Äußerste, bis zum Zerreißen gespannt. So lösen Serum 114 eine Welle mit einer wunderbaren Sound-Schaumkrone nach der anderen aus. Der klassische, gradlinige Deutschpunk wird mit einem ordentlichen Schuss Rock gewürzt und schafft so Ohrwurmsongs, die man so schnell nicht wieder los wird.

Rebellisches Wort

Die Klangkraft von Serum 114 spült die berühmten Blätter vor den Mündern mit Macht beiseite. Rebellische Worte stürzen hinaus, „sie sollen sein wie Salz in einer offenen Wunde und dort brennen, wie loderndes Feuer“, ereifert sich Frontmann Esche, „es gibt Dinge, die können nicht ungesagt bleiben. Schau dich doch nur mal um hier in unserem Staat. Wenn ich es nicht rausbrüllen würde, ich würde daran ersticken.“

Die rosa Brille haben die Jungs nie aufgehabt, dafür haben sie sich den klaren Blick bewahrt. Sie nennen die Dinge beim Namen und verstecken sich nicht hinter irgendwelchen verwässerten Metaphern. Ganz egal, ob es um die Auseinandersetzung mit der Staatsmacht in Form einer Straßenschlacht geht, wie im Stück „Seid ihr bereit?“ oder aber auch um das Diskutieren der Tatsache, dass man nicht zwangsläufig ein cooler Typ ist, wenn sich grundlos mit anderen anlegt, im Song „Lass uns Feinde sein.“ Blitzt da etwa Dialektik auf? In "Zu fett" wird die Magersucht von Möchtegernmodels gegeißelt. Aber auch mit einer Hommage an ihre Inspirationsbrunnen Social Distortion haben die Frankfurter kein Problem. "Durch diese Augen" lautet dort die Titelzeile.

Nachbeben

Da wird nicht ein Themenkomplex in den Vordergrund gerückt. Breit aufgestellt wird, wie mit einem Mähdrescher, auf die gesellschaftlichen Themen losgefahren. Serum 114 heizen das Beben weiter an und es erreicht nie gekannte Stärken auf der nach oben offenen Richterskala. Wer dann auch noch zu goutieren vermagt, dass rausgerotzte Lyrik mit hintergründigem Wortwitz sowie Ironie mit brachialer Musik zusammengehen können, der darf nach einem wildem Herbst rufen. Serum 114 werden unzweifelhaft für einige Nachbeben sorgen. Die Frage im Songtitel „Seid ihr bereit?“ ist dann nur noch rhetorisch gemeint; denn der Tourplan ist flächendeckend und randvoll.

Aktuelles Album: Serum 114 (Bodog / Edel)



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