"Fantasies" heißt das neue Album der kanadischen Band Metric. Was aber keineswegs bedeuten soll, dass die Combo um Emily Haines und Jimmy Shaw nun plötzlich den Boden unter den Füßen verloren hat. Ganz im Gegenteil: Nachdem man sich in einem lange ausdauernden Rechtsstreit von der alten Plattenfirma gelöst hatte, ging man die neue Scheibe als Independent Produktion an: Das Album wurde selbst finanziert und produziert und letztlich gründeten Metric auch ein eigenes Label, um die CD auch unter eigener Regie und zu eigenen Bedingungen vertreiben zu können.
Wie es aussieht, mit Erfolg: Eine kurzfristig gebuchte Tour in Kanada, wie teilweise auch die gerade laufende Europa-Tour waren ausverkauft und die vorab veröffentlichte Singe, "Help, I'm Alive", mauserte sich zu einem veritablen Hit. Es scheint, dass sich Metric auf die Fanbasis verlassen kann.„Als wir die Scheibe fertig hatten, sind wir damit herumgezogen und haben uns auch mit allen relevanten Labels unterhalten”, berichtet Jimmy Shaw, “aber es schien, dass die alle so viel Angst um ihre eigenen Jobs hatten und davor, was ihnen in Zukunft passieren könnte, dass sie auch Angst hatten, Geld auszugeben oder überhaupt irgend etwas zu unternehmen. Nun war es so, dass wir selbst genug Zuversicht in unser Tun und unsere Fans hatten, dass wir am Ende beschlossen, ein eigenes Label zu gründen und Distributions-Deals mit Leuten zu machen, denen wir vertrauen konnten. Wir haben unser eigenes, handverlesenes Team zusammengesucht und das ist gar nicht so verschieden von der Zusammenarbeit mit einem existierenden Label. Es ist nur so, dass die Firma uns gehört und wir uns nun nicht mehr mit anderen streiten müssen oder um Entscheidungen zu kämpfen brauchen.” Das heißt also, Metric sind die Kapitäne auf dem eigenen Boot?
“Ja, wir können die Show bestimmen. Wir haben manchmal ziemlich unübliche Methoden, Dinge anzugehen und der Umstand, dass wir nicht in Büros rumsitzen und mit Leuten diskutieren müssen, ist schon befreiend.“
Metric haben in dieser Beziehung sicherlich die Zeichen der Zeit erkannt. Die Entscheidung, alles selbst zu machen, ist schlicht die konsequenteste.
Musikalisch begeben sich Metric sozusagen zurück zu den Wurzeln: Die neuen Tracks sind weniger rockig und sogar geradliniger und poppiger als zuletzt gewohnt. War der Ansatz dann der, dass man von vorneherein versuchte, einfachere Songs zu schreiben?
„Das bezeichne ich als Lagerfeuer-Test“, erläutert Emily, „wenn die Songs nicht auch in akustischen Solo-Versionen von Jimmy und mir funktionierten, haben wir sie gleich wieder verworfen oder vereinfacht. Das war eine ziemliche Herausforderung, denn es ist schwieriger, Songs einfach zu gestalten, als etwas hinzuzufügen.“
„Und zwar in dem Sinn“, ergänzt Jimmy, „dass man sich hinter etwas sehr Einfachem nicht verstecken kann.“
„Das ist auch der Grund, warum ich während dieser Zeit ziemlich viele klassische Songs anhörte", führt Emily aus, “zeitlose, erstaunliche Kompositionen, die ich für mich auf dem Piano spielte und dabei herausfand. dass man mit einfachen Harmonien wie C G F C G glücklich sein kann. Wie einfach das doch alles sein konnte!“
Der Titel des Albums, ´Fantasies´, bezieht sich dabei übrigens nicht auf irgendwelche Traumtänzereien, sondern auf die Fantasie als Ursprung aller Ideen. Das verdeutlicht auch das Covermotiv, eine gerade aufglühende Glühbirne.
„Es mag wie ein Klischee erscheinen”, erklärt dies Jimmy, “aber wenn Du eine Idee hast, dann geht Dir ja ein Licht auf. Es ist nicht genau eine Umsetzung des Gedankens, der dahinter steht, aber als Licht in der Dunkelheit ist es durchaus ein Sinnbild für die Hoffnung – und darum geht es auf dem neuen Album.“
Aktuelles Album: Fantasies (PIAS)
Foto: Norman Wong