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THE HORRORS

Blasser Teint und schräge Musik

THE HORRORS

Ganz in Schwarz und einen Kajalstift in der Hand, wild durcheinander liegende, toupierte dunkle Haare. Und ganz schön blass schauen sie auch drein. Zudem haben sie sich lustige Künstlernamen gegeben. Für exzentrische Live-Darbietungen sind sie auch bekannt. Die Herren des Quintetts The Horrors. Ihr Anblick soll offenbar haften bleiben. Keine Sorgen Jungs, das tut er. Aber wie schaut es denn mit der Musik? Die ersten Aufnahmen verstörten. Handelte es sich doch um „The Witch“ von The Sonics und zum anderen um „Jack The Ripper“ von Screaming Lord Sutch.

Die Spur ist damit gelegt. 60er sphärischer Orgelrock mit Garagenklängen verschmiert. Das verstörte nicht nur, das erregte Zuhören. Deshalb muss auch für die zweite Scheibe „Primary Colours“ ordentlich geklappert werden. Das tun The Horrors zunächst innerbandlich. „Wir haben uns umbesetzt“, verkündet Faris Badwan ganz lapidar. Ein fragender Blick in die Runde. Da ist kein neues Gesicht auszumachen.

„Nein, kein neues Personal“, grinst er frech „Spider Webb zupft jetzt den Bass und Tom Furse wechselte zu den Tasteninstrumenten.“

Kurze Pause. Kunstpause.

„Achso ja, neue Synthesizer haben wir uns gleich bergeweise angeschafft“, fügt er leicht gelangweilt klingend hinzu.



Tiefe der Emotionen neu ausgelotet

Eingeschlossen im dunklen Übungsraum, haben die Herren an den neuen Stücken gewerkelt. Da ist Helligkeit maximal in ein paar wenigen Orgelklängen zu spüren.

„Kein Wunder“, erklärt Spider Webb „die Kammer hat keine Fenster. Er herrschte absolute Dunkelheit. Die Tageszeiten sind uns völlig entglitten. In vier Tagen, oder Nächten, je nachdem, wie du es drehen willst, war das Pensum erledigt.“

Alles wird aufgenommen. Dann noch mal überdacht und dann erst wird zur Aufnahmetat geschritten.

„Das letzte Album war eher eine Momentaufnahme einer kurzen Bandperiode. Planlos“, gibt Coffin Joe den Plan preis, „Jetzt hatten wir einfach Zeit eine Kollektion von Stücken auf die CD zu bringen, die die Hörer mitreißen. Mitnehmen auf einen Trip.“

Dass die Musik von The Horrors einen nachhaltigen Einfluss auf die Zuhörerschaft hat, ist unbestritten, „jetzt aber wollen wir eine neue Tiefe dieser Emotionen ausloten.“ Bei diesem Unterfangen wird ihnen tatkräftige Hilfe zuteil. Von Portishead´s Geoff Barrow. Und von Chris Cunningham. Ersterer leistet ganze Arbeit, indem er das Rohe in der Musik von The Horrors bewahrt und dafür sorgt, dass die Vielzahl der eingesetzten Effekte nicht nervig klingt. Chris Cunningham kitzelte aus ihnen das filmisch-epische ihrer Klänge heraus. Der britische Regisseur hatte bereits das Video zur ersten Single des Vorgängeralbums, zum Stück „Sheena is A Parasite“ gedreht. Und damit war nach sieben Jahren seine Schaffenspause beendet.



Für eigenartige Menschen und komische Käuze

Es klingt zunächst ein wenig nach Geisterstunde, wenn das erste Stück auf der aktuellen CD „Primary Colours“ anhebt. Doch dann knallen die Gitarren und das Schlagzeug scheppert aufs Feinste. Wie ein Heiligenschein schwebt und flattert der Orgelklang über allem. Die Stimme wird immer wieder von ungehobelten Surfspänen geärgert. Dann tauchen sie aus einem Nebel von Waberklängen auf, die Geister. Sie nehmen Gestalt an, die frühen Pink Floyd. Und verschwinden wieder. Nur, um den Pretty Things Platz zu machen. Auch diese Truppe wird sogleich wieder gemeuchelt. Einer Krautrock-Parade wird der Weg freigeschaufelt. Aber unmittelbar darnach wird ihr Grab ausgehoben. Doch eines wird bei aller Brachialität nie gemeuchelt, das ist die Melodie. Kommt sie mal kurz vom Weg ab, ist sie sofort wieder auf klaren Kurs.Und die entfaltet einen Sog, dem sich ein spezielles Völkchen nur schwer entziehen kann.

„Wir machen eben Musik für eigenartige Menschen und komische Käuze“, versichert Faris Badwan. Wenn man sich die abgedrehten Live-Shows von The Horrors anschaut und deren Publikum, dann glaubt man das aufs Wort.

„Nichts ist geplant. Jedes Konzert ist einzigartigartig. Chaotisch und explosiv“, freut sich Spider Webb, „diese Spontaneität führt schon mal zu Streit auf der Bühne. Sehr lustig. Und das Publikum findet es großartig.“

Die Haare übrigens, die machen sich die Jungs selber. Da steht nicht irgendwo im Hintergrund ein großer Stylist bereit.

„Unsere Haare und unsere Kleidung sind nicht anderes als die Fortsetzung unserer Musik mit anderen Mitteln.“

Aktuelles Album: Primary Colours (XL Recordings / RTD)

Foto: Tom Beard

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