Wir bringen Euch etwas Dunkles, ein bisschen Mysteriöses mit heilenden Kräften... Manchmal hat man als Schreiber den undankbaren Job aus einem wehenden Vakuum einen Rockstar machen zu müssen und Interviews, die den Charme einer Wurzelbehandlung haben einen Hauch von Vielschichtigkeit und Glamour zu verleihen. So wohl dem, der mit Paul Wallfisch, dem Mastermind von Botanica sprechen darf. Deren neueste Scheibe heißt “Americanundone”. Wie kam es zu diesem Titel?
„Das ist eine lange Geschichte: Ich fragte meine Frau, ob sie ein Gemälde von einem Bandphoto anfertigen könnte, eins auf dem wir gerade die Show spielten, auf der wir auch unser Album aufnahmen - als sie schließlich das Artwork zusammenstellte, setzte sie einfach dieses Wort hinein und wir dachten ‚wow‘ , das ist echt gut. Wir hatten vorher bereits über einen Titel nachgedacht und dies hier war einfach, natürlich, nicht überdacht, LIVE. Und wir sind auf jeden Fall undone! Aber Du kannst es auch auf eine gute Art und Weise sehen, oder alles in einem! Ich meine, welch seltsame Wiedergeburt der Vorstellung von Amerika durften wir glücklicherweise in den letzten Monaten erleben. Aber trotzdem, so wunderbar Obama auch sein mag, kann er mehr als nur ein Symbol darstellen? Er beweist sicherlich, was ich schon seit Jahren behaupte: Das Problem hier in den USA ist nicht Rassismus. Wir sind das am wenigsten rassistische Land der Erde. Natürlich gibt es auch hier Rassismus, aber verglichen mit Europa oder noch viel drastischer mit Afrika, ist dies hier nichts. Wir haben kein Problem mit Rassismus, wir haben ein Problem mit politischem Konservatismus, mit reaktionärer Ignoranz und religiösem Fundamentalismus - das verschafft einigen dieser Mullahs die Position mit ihrem Geld Einfluss zu nehmen.americanundone!“Bald werden Botanica wieder auf ihren Siegeszug durch europäische Gefilde antreten. Worauf freut man sich besonders?
„Auf das unterschiedliche Publikum in den verschiedenen Venues und Ländern - Einige Orte stechen besonders heraus, wie z.B Stuttgart, Bielefeld und Krefeld, in Deutschland. Ich weiß nicht warum, aber die Leute dort lieben Botanica einfach. Des weiteren haben wir immer eine großartige Zeit in Österreich und werden nun zum allerersten Mal in Innsbruck spielen. Osteuropa ist vermutlich ein bisschen anders - das Publikum dort macht seinem Ruf als Partyvolk alle Ehre, also freuen wir uns definitiv sehr auf Prag und Lubljana. Die Belgier sind das wohl zurückhaltendste Publikum überhaupt: Die sitzen während der ganzen Show auf ihren Händen und hören zu - und kaufen dann allen Merchandise.
Sie zeigen ihre Wertschätzung durch Aufmerksamkeit. Sie sind unseren Fans in New York sehr ähnlich. Wir mögen diese Attitude, aber manchmal wünschen wir uns auch, dass die Leute sich einfach die Klamotten vom Leib reißen und auf den Tischen tanzen.
In Amerika muss ich mehr drauf achten, dass ich die Texte auch richtig zusammenkriege und was ich so an Unsinn zwischen den einzelnen Songs vor mich hinplappere. Aber mittlerweile sprechen immer mehr Europäer fließend Englisch und seit ich in fünf verschiedenen Sprachen meinen Bullshit zum Besten geben kann, ist einfach ein Riesenspass, alles durcheinanderzuschmeißen and ‚massacring the local tongues‘!“
Die drei Alltime-Favourite-Alben anderer Künstler?
Coney Island Baby / Lou Reed
Blood on the tracks / Bob Dylan
Something Else / The Kinks
Drei? Wow, das ist echt schwierig, und Alltime? Machst Du Witze? Ich habe noch fünf andere. Das macht dann acht und das ist, ohne mich hervortun zu wollen, meine Glückszahl:
Slow Movement on the Bartok 3rd piano concerto recorded by Peter Serkin
Goldberg Variations / Glenn Gould (the late version)
Is That All There Is / Peggy Lee
Say A Little Prayer / Aretha - (definetely NOT the Dionne Warwick version)
God Save the Queen / Sex Pistols
Und wie stets mit den Plänen für 2009?
„Meine Wäsche machen, vernünftig essen, mehr schlafen, Millionen von Platten verkaufen - Oh, yeah- und ich schreibe ein Buch ‚The Arrogance of Believe‘!
Wir dürfen gespannt sein!
Aktuelles Album: Americanundone (rent-a-Dog / Alive)
Foto: Philip Lethen