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GUADALAJARA

Raus aus dem Schmäh

GUADALAJARA

Das wissen wir alle, Wien ist überzogen vom gleichnamigen Schmäh. Knietief wird in der klebrigen Couvertüre aus melancholischem Humor, morbidem Gemütszustand und grantelnder Boshaftigkeit gewatet. Da braucht es schon ein wenig Antriebskraft, um nicht mit Haut und Haaren unterzugehen. Damit haben Guadalajara nicht wirklich ein Problem. Mit ordentlichem Gebläse im Rücken und leicht sonnigem Notenmaterial fliegen sie geradezu über die Schmähnäpfchen.

Gefährliche Blaskapelle

Eine Blaskapelle ist ja gerade in Österreich nichts Besonderes. Spannend wird es aber an dem Punkt, was diese Kapellen so auf ihrer Setlist stehen haben. Bei der Wiener Combo Guadalajara ist es definitiv nicht der „Der Klarinettenmuckl“ oder „Das Trompeten Echo.“ Da stehen eher Sachen, die würden jedem Dirigenten einer klassisch gearteten Kapelle die Tränen in Augen treiben. Zum einen weil er sie noch nie gehört hat und zum anderen, weil sie so verdammt laut und heftig sind. Schließlich gibt es neben dem triumphierenden Holz und Blech noch ordentlich Gitarren, Bass, Schlagzeug und Keyboard, die ein gerüttelt Maß an Energie produzieren. Temperamentvoll und temporeich. Und in Trachtenjankern laufen Guadalajara auch nicht umher. Langsam dämmert’s, hier geht es um melodisches aber freches, raues Skageflüster. Wobei die Musik der Gruppe an den Rändern schon deutlich ausfranst.

„Vor allem in letzter Zeit lassen wir immer mehr Musikstile in unsere Musik einfließen“, erklärt Trompeter Bernhard Kaufmann die sich neu einschleichenden Klänge, „da sind poppige Anleihen zu hören, aber auch der Punk hat seine Spuren hinterlassen, genauso wie lauthals Hardcoreschnipsel erklingen.“ Wer seine Musik so charakterisiert, hat auch kein Problem, seine musikalischen Vorbilder oder Einflüsse zu benennen. Dazu wird Saxofonist Andreas Posch nach vorn geschickt und der bekennt Farbe:

„ Mighty Mighty Bosstones. Less Than Jake, Reel Big Fish, Liberator und die Mad Caddies, das sind unsere Helden. Ohne deren Musik wären wir vielleicht nicht da, wo wir heute sind.“



Gepflegte Rohheit

Aber so richtig raubeinig wird es erst, wenn die Jungs von Guadalajara acht Mann hoch live auf den Bühnenbrettern stehen. Da wird gehüpft, gesprungen, getobt, gerannt, geschrieen und gebrüllt. Achso, gespielt wird natürlich auch noch. Und wie. Druckvoll und immer auf die Zwölf. Kompromisslos. Die Schalltrichter der Bläser lösen einen wahren Soundorkan aus, von dem sich die Rhythmusgruppe eine ordentliche Scheibe abschneidet und garniert mit schneidenden Gitarrenriffs in die Menge katapultiert. Der Sänger Volker Schaffler hat dazu auch noch ein Organ, das jedem Sturm Paroli bietet. Die Formation mit dem leicht komplizierten Namen lässt dem Publikum nie Zeit zum Ausruhen. Dabei wird eine solch brachiale Energie freigesetzt, dass selbst der letzte Bewegungsmuffel im Publikum aus seiner Starre erwacht und untrennbarer Bestandteil einer freudig hin und her wogenden Masse wird. Wer bereit ist, Geld für ein Konzert mit Guadalajara auszugeben, der kann sich die Sauna für die nächsten Wochen sparen. Ein bedenkenswerter Ratschlag bei immer klammeren Portemonnaies. Das wissen offensichtlich auch die Veranstalter vom kleinen Jugendhaus bis hin zum großen Festival und buchen Guadalajara ohne Unterlass. Eine bessere Garantie für ein tanzendes Publikum kann es derzeit kaum geben.

Aktuelles Album: Weapons Of Mass Seduction (Hoanzl / Cargo)



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