„It Still Moves“, den Titel des feinen dritten Albums von My Morning Jacket, kann man durchaus als Seitenhieb auf die Kollegen der US-Presse verstehen, die der Band aus Louisville, Kentucky, nach ihren ersten beiden Alben gerne unterstellt haben, sie trete auf der Stelle - wenngleich in Vollendung. Mit dem neuen Album beweist das Quintett nun unmissverständlich: Und sie bewegt sich doch! Die Bezüge zur musikalischen Vergangenheit – von Neil Young und The Band über „Pet Sounds“ bis zum Bluegrass-Sound ihrer Südstaatenheimat – sind trotzdem auch dieses Mal nicht wegzudiskutieren.
„Es ist einfach so, dass ich die meiste Musik hasse, die nach 1980 erschienen ist“, erzählt uns Mastermind Jim James lachend, als wir ihn zum US-Tourneestart in New York ans Telefon bekommen. „Das heißt nicht, dass es heute keine guten Platten mehr gibt, aber sie sind schwer zu finden.“ Und auch wenn er das neue, 72-minütige Werk für das bisher am besten durchdachte und am meisten ausgereifte seiner Band hält, soll das nicht bedeuten, dass Jim nicht mehr zu seinen ersten beiden Alben steht. „Nein, nein, nein“, wehrt er entschieden ab. „Ich bin sehr glücklich mit den Platten. Ich mag es ungemein, auf die Karriere einer Band zurückzublicken und ihre Entwicklung zu verfolgen. Ich liebe den Sound unserer ersten Alben und die Tatsache, dass einige Songs alles andere als perfekt sind. Es gibt zwar Fehler, aber es sind ‚schöne’ Fehler!“Perfektion steht nicht besonders weit oben auf der Prioritätenliste der Amerikaner, bei denen kaum ein Song ohne ihre große Spezialität, den Hall-Effekt, auskommt. Deshalb bleibt auch bei ihren Auftritten stets viel Freiraum für Improvisation. Wenn die Band im November für fünf Shows in Deutschland gastiert, dürfen wir uns auf Konzerte freuen, die gerne einmal zweieinhalb Stunden lang sein können. „Wir haben einfach so viele Songs, die wir unbedingt spielen wollen! Vor allem die neuen Stücke sind häufig sehr lang. Kaum haben wir zehn, zwölf Songs auf eine Setlist geschrieben, haben wir schon 90 Minuten Programm zusammen. Dann will ich noch ein paar Nummern akustisch spielen, und danach gibt es womöglich noch eine Zugabe - da dauert es schon mal länger. In letzter Zeit hatten wir einige Support-Shows, bei denen wir nur eine halbe Stunde spielen durften - das reichte gerade einmal für vier Songs!“
Die langen Songs auf „It Still Moves“ sind dennoch nicht als Reaktion auf die präziser gefassten Stücke der Vorgänger zu verstehen. „Darüber haben wir nicht nachgedacht. Wir spielen die Songs einfach so lange, bis sie fertig sind“, erklärt Jim lachend. „Sicher gibt es auf dem Album einige Songs, die besser nur drei Minuten lang gewesen wären, aber wir hatten so viel Spaß damit, dass wir einfach noch einen Teil drangehängt haben! So viele Platten heute haben Stücke, die allesamt drei Minuten lang sind und völlig gleich klingen. Wir wollten einfach Spaß haben und mit den Songs abheben und sehen, in welche Sphären wir damit würden aufsteigen können!“
Weitere Infos: www.mymorningjacket.com Foto: Sam Erickson