Als sich Izzy Glaudini, Lola Dompé und Halle Saxon 2017 in Los Angeles zusammenfanden, um gemeinsam zu jammen und sich ein Konzept für ein Bandprojekt überlegten, war die Welt ja noch eine andere. Als sie dann 2019 unter dem Namen Automatic – noch vor der Pandemie - ihr Debütalbum „Signal“ veröffentlichten, hatte sich die Band in Stilfragen als New Wave-, Synthie-Pop- und Krautrock-Trio konsolidiert. Izzy Glaudini wechselte für das Projekt von der Gitarre zu den Synthies und sorgte als engagierte Film-Studentin für die Ästhetik und die Doppeldeutigkeiten der Lyrics, Lola Dompé, die Tochter des Bauhaus Drummers Kevin Haskins brachte ihre Erfahrungen als Art-Rockerin ein und Bassistin Halle Saxon machte ihr Instrument zum musikalischen Anker – nicht nur, aber auch, weil sie ihr Instrument zuweilen wie eine Gitarre traktiert. Nachdem das Debüt „Signal“ noch eine Art musikalisches Ausrufezeichen gewesen war und sich Automatic nur mittelbar mit sozialkritischen Statements beschäftigte, wird das nun vorliegende, zweite Album da schon deutlicher.
„Na ja, wir haben uns halt angeschaut, was in der Pandemie 2020 so alles passiert ist“, beschreibt Lola das Szenario, dem „Excess“ zugrunde liegt, „und da sind ja doch einige Probleme in der Welt zusammengekommen. Und auf der anderen Seite gab es solche Sachen wie Milliardäre, die sich ins Weltall geschossen haben. Das hilft dem Planeten ja nun wirklich nicht und das sind die Art von Exzessen, die wir anprangern."„Ja“, ergänzt Izzy, „es gibt ja – trotz der ganzen Probleme – diesen geradezu extravaganten Reichtum, mit dem wir uns dann auch noch rumschlagen müssen."
Wie entstehen denn die Songs von Automatic? Es ließe sich ja vermuten, dass sie sich zunächst mal die Themen überlegen?
„Nein – wir fangen für gewöhnlich einfach an zu jammen“, führt Izzy aus, „Lola spielt einen Beat und Halle eine Basslinie und ich spiele Synthies. Wer immer eine Idee hat, singt dann spontan etwas dazu. Der Sound, der Vibe und der Tenor der Musik bestimmen dann eigentlich, wo es langgeht. Wir entscheiden dann darauf basierend, was von Interesse des Konzeptes für den Song sein könnte."
„Ja, wir machen die Musik zuerst“, bestätigt Lola noch mal.
„Wenn wir entscheiden, worüber wir singen wollen, kommen die Motivation oder der kreative Aspekt ins Spiel“, fügt Izzy hinzu, „und das ist die Inspiration. Ich weiß nicht woher die eigentlich kommt – aber ich denke, das ist das Prinzip nach dem Kunst generell entsteht. Und das Texte-Schreiben ist dann ein ganz eigener Prozess."
„Na ja, ich möchte noch hinzufügen, dass das dieses Mal schon ein wenig einfacher für uns war, weil 2020 ja so viel passierte“, ergänzt Halle, „wir haben eine Art Diagramm erstellt über die Dinge, die wir auf diesem Album ansprechen wollten und das war eine ganze Menge, wie sich herausstellte."
Das hört sich ja geradezu an, als sei die Pandemie für Automatic eine Quelle der kreativen Inspiration?
„Ja schon“, zögert Lola „es war aber zeitweise schwer, uns überhaupt zu treffen“, zögert Lola, „weil da ja auch eine Extra-Angstwolke über uns schwebte – und dann ist es ja schwierig, kreativ zu sein. Aber wir haben uns dann unter airbnb eingemietet, um so auf andere Ideen zu kommen, als in unseren eigenen vier Wänden. Und es war nett, dass wir uns selbst als Support für einander während dieser stressigen Zeit hatten. Das war eine Art von Trost, die uns dann auch geholfen hat, kreativ zu sein."
Was ist für Automatic als Band heutzutage die größte Herausforderung?
„Zu touren ist mit Covid natürlich ganz schön schwer“, meint Izzy, „das hast Du ja gerade selbst gemerkt, weil wir ja gerade unsere europäische Tour abbrechen mussten. Als Live-Band nicht spielen zu können ist natürlich sehr hart."
„Es ist ja sowieso schwer, heutzutage als Musiker sein Geld zu verdienen“, gibt Lola zu bedenken, „ich denke, wir können uns glücklich schätzen, als Band so gut zusammenarbeiten zu können, aber manchmal ist es auch nicht ganz einfach, all diese großen Bedeutungen in unseren Songs zum Ausdruck zu bringen. Ich meine – damit ist ja auch eine große Verantwortung verbunden, die Dir die Leute aufbürden."
Ist die Kommunikation mit den Fans von großer Bedeutung für Automatic – und ist es nicht schwer, diese überhaupt zu erreichen?
„Na ja schon“, erklärt Halle, „Musik ist – wie jeder andere Kulturbereich auch – so wichtig und effektiv wie Werbung, an der man vorbeiläuft. Wir bombardieren Dich halt bloß mit einer Art von Werbung, die zum Ziel hat, dass Du eben kein Zeug kaufst. Ich bin ja noch nicht so lange in einer Band – aber ich habe auch schon gemerkt, dass es viel Simulation und Wettbewerb gibt. Man muss also schon um die Aufmerksamkeit kämpfen."
„Das ist für uns aber nicht so schwierig, weil wir glücklicherweise in Los Angeles leben, wo es eine eingebaute Szene für unsere Art von Musik gibt“, ergänzt Izzy, „da gibt es eine große Aufnahmebereitschaft für Bands wie uns. Sowas ist sicherlich viel schwieriger, wenn Du nur auf das Internet angewiesen bist."
Dass Automatic mit ihrem Euro- und UK-kompatiblem Retro-New-Wave-Ansatz in Europa trotz Allem eine größere Aufmerksamkeit entgegenschlägt, ist insofern ironisch, als dass sie ja gerade Live-Dates in Europa absagen mussten. Diese können leider dann auch erst im nächsten Jahr nachgeholt werden, da sie im Herbst erst mal in den USA auf Tour sind.
Aktuelles Album: Excess (Stones Throw / PIAS)
Foto: Logan White