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THE LUMINEERS

"Wir haben uns wie kleine Kinder gefühlt"

THE LUMINEERS

The Lumineers sind Superstars im althergebrachten Sinne: Ihre Platten stürmen mit schöner Regelmäßigkeit die Verkaufscharts, und für die im April anstehenden Konzerte sind inzwischen auch in Deutschland nur die allergrößten Sportarenen groß genug. Auf seinem nun just erschienenen neuen Album ´Automatic´ klingt das Alternative-Folk-Duo aus Denver, Colorado, trotzdem geradezu spektakulär unspektakulär.

Wesley Schultz und Jeremiah Fraites klingen auf der neuen, inzwischen fünften LP der Lumineers wie eine Band, bei der alles kann und nichts muss. Anstatt phongewaltig und mit größtmöglicher Beliebigkeit ihrem Massenpublikum einen Schritt entgegenzukommen, machen die zwei Amerikaner lieber das Gegenteil: Ihre neuen Songs sind zwar weiterhin echte Ohrwürmer mit großen melodischen Gesten, aber bemerkenswert zurückhaltend und trotzdem stets fantasievoll arrangiert und instrumentiert, wenn technische Feinheiten und ein betont echtes Klangerlebnis organisch zusammenfließen.

Ein wichtiger Impuls für die Arbeit an ´Automatic´ kam durch die Zusammenarbeit mit jüngeren Acts, die seit der Veröffentlichung der letzten Lumineers-LP entstanden waren. Sie sorgten textlich für eine neue Perspektive und Offenheit.

"Dass wir uns mit Noah Kahan dann separat auch mit Zach Bryan zusammengetan haben, hat eine große Rolle gespielt, wenn ich ehrlich bin", sagt Schultz im WESTZEIT-Interview. "Sie haben sich bei uns gemeldet und gesagt, dass sie große Fans von unserem Tun sind. Wenn man sein Ding als Künstler schon eine Weile macht, dann neigt man dazu, manchmal zu sehr zurückzublicken, und so war ich in meiner eigenen kleinen Höhle gefangen. Als dann die jüngeren Künstler anfragten, fühlten wir uns sehr geehrt, und deshalb fing ich an, in ihre Musik einzutauchen und in die Musik einiger anderer neuerer Künstler. Ich fand heraus, dass man von diesen neuen Künstlern etwas lernen sollte, dieses: OK, wie ehrlich will ich sein? Wie tief will ich mir in die Karten schauen lassen? Das führte dazu, dass die Texte unserer neuen Platte weniger gefiltert sind und außerdem dieses Mal mehr Platz für Humor ist."

Diese neue Offenheit, fast könnte man sagen, Unbeschwertheit, mit der The Lumineers an ´Automatic´ herangegangen sind, kann man auch klanglich hören, und dabei standen ausgerechnet die eigentlich zunächst gescheiterten Aufnahmen der Beatles zu ihrem letztendlich ´Let It Be´ genannten Album Pate, die Regisseur Peter Jackson in seinem 2022 veröffentlichten Dokumentarfilm ´Get Back´ eingefangen hat.

"Ihre Idee damals war schlichtweg: Lasst uns in ein großes Filmstudio gehen und es uns in ein Tonstudio verwandeln", erinnert sich Schultz. "Wenn man so aufnimmt, gibt es keine echte Separation zwischen den Instrumenten, und dadurch passiert einfach etwas Besonderes, das verlorengeht, wenn alle Musiker abgeschirmt sind oder sogar getrennt voneinander aufnehmen. Dann fehlt einfach diese wunderbare Interaktion, diese gegenseitige kreative Befruchtung, die stattfindet, wenn Musiker spontan aufeinander reagieren. Vielen ist das vermutlich beim Hören gar nicht bewusst, aber man merkt es, wenn eine Band die Songs getrennt eingespielt hat. Ich weiß auch nicht warum, aber es klingt einfach weniger zusammenhängend!"

Tatsächlich gehören The Lumineers zu den wenigen Superstars, denen es gelungen ist, trotz einer jahrzehntelangen Karriere nie einen echten künstlerischen Durchhänger zu haben. Ihr Erfolgsgeheimnis ist allerdings denkbar simpel.

"Es geht einfach darum, herauszufinden, was dir selbst wichtig ist – und nicht deinem Manager, deinem Anwalt oder deinem Label", erklärt Schultz. "Wir haben versucht, herauszufinden, was uns wirklich bewegt, was für uns aufregend ist. Wir haben uns wie kleine Kinder gefühlt, als wir die Platte gemacht haben, nicht zuletzt auch, weil sie so schnell entstanden ist. Wir haben gar keine Demos aufgenommen, sondern sind mit ganz schlichten Skizzen einfach ins Studio gegangen und haben die Songs in Echtzeit entstehen lassen, anstatt das alles schon in der Vorproduktion zu machen."

Er hält kurz inne und sagt dann abschließend:

"Das hat eine ganze andere Art von Neugier und Unschuld hervorgebracht."

Aktuelles Album: Automatic (Dualtone / Bertus)


Weitere Infos: https://www.thelumineers.com Foto: Wesandalex

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