Jetzt ist es raus: Mogwai sind eine Lach- & Schießgesellschaft. Zumindest wenn es nach Frontmann Barry Burns geht, der sich auf dem neuen Album seiner Band „Hardcore Will Never Die, But You Will“ so richtig auslebt. Humor sei schon immer ein entscheidendes Element für ihn gewesen, bekräftigt er und wer den neuen Mogwai-Songs nur eine Sekunde seiner Aufmerksamkeit schenkt, kann dieser Behauptung durchaus zustimmen: Die Details sind es, die das Gesamtbild ergeben.
Es ist einer dieser Berliner Tage, an denen es einfach nicht hell werden will. Winterliche Temperaturen, matschige Straßen und leicht nieselnder Schnee bestimmen das Wetter der deutschen Hauptstadt. Barry Burns ist derweil bester Laune, öffnet die Tür mit einem Lächeln und freut sich über eine Wagenladung schottisches Bier.„Mein Frau und ich planen hier schon länger eine Bar aufzumachen und nun ist es so weit: Wir feiern unseren Einstand als Kneipenbesitzer,“ berichtet er zur Begrüßung stolz und bietet postwendend eine Führung durch seinen Laden im Stadtteil Neukölln an: Alles sehr robust eingerichtet, ohne große Schnörkel, einfach ein Ort, an dem man mit Freunden zusammensitzt, erzählt oder Musik hört.
„Darauf kam es mir an: Ich liebe solche Dinge. Wenn dann noch gute Musik läuft, passt alles zusammen“, lächelt der hauptberufliche Mogwai-Frontmann und entschuldigt sich sogleich, denn schließlich handelt es sich nur um seine Meinung, „die eines schottischen Muckertypen“.
Genau, eigentlich ist das Treffen auch nicht dazu gedacht, über Trinkgewohnheiten zu sprechen, sondern vielmehr das neue Album seiner Band mit dem lustigen wie verwirrenden Titel „Hardcore Will Never Die, But You Will“ abzuhandeln. Was Barry Burns in seiner Mission bestärkt, der Presse den Zahn zu ziehen, er und seine Jungs besäßen keinen Humor.
„Wir nehmen uns nicht allzu ernst. Auch die neuen Songs besitzen viel Komik – allein die Titelnamen sind spontan entstanden: Wir saßen zusammen, redeten über alles Mögliche und schon ergaben sich die Sachen wie von selbst. Niemand brütete etwas aus oder überlegte stundenlang, was das alles soll und was wir damit ausdrücken wollen. Macht euch selbst einen Reim, gut ist.“
Wobei die Marschrichtung des neuen, inzwischen siebenten Mogwai-Albums die Richtung der Vorgänger ein wenig korrigiert: Erstaunlich gut aufgelegt wirken die meist instrumentalen Stücke, knacken nur einmal die Siebenminuten-Grenze und präsentieren sich verglichen mit älteren Werken fast schon eingängig. So, als ob man ein ganz neues Publikum erschließen wolle – wogegen Barry Burns sofort Einspruch erhebt.
„Die lauten Gitarren und schleppenden Drums sind weiterhin dabei – das ist schon sehr spezielle Musik, würde ich meinen. Nur der Noise-Faktor reizte uns dieses Mal überhaupt nicht.“
Verwunderlich, denn sonst gilt im Kreise der schottischen Band stets das Credo: Erstmal rumlärmen und dann sehen, ob sich irgendwelche Melodien daraus stricken lassen. Alles Schnee von gestern?
Ja und nein, schüttelt Burns den Kopf. Es sei halt immer eine Frage der Herangehensweise und bei „Hardcore Will Never Die, But You Will“ habe man weniger auf den eigenen Instinkt gehört, als vielmehr den Verstand benutzt und genau gewusst, wohin die Reise geht. War es also geplant, dass im Mittelteil der Platte plötzlich eine Vocoderstimme irgendwelche deutschen Paragraphen dahin nuschelt?
„Das ist der Mietvertrag für meine Bar in Berlin. Wir hatten das Gefühl, dass dem Album ein, zwei Vocalparts fehlen und als es darum ging, über was wir singen könnten, holte ich den Mietvertrag aus der Tasche und meinte: 'Was ist hiermit? Dürfen wir das bringen?', alle lachten und ich wusste, klar, genau das müssen wir bringen.“
Was uns ganz nebenbei an den Ort des Interviews zurückführt, denn hinter Barry Burns stapeln sich aktuell Anträge und Formulare -
„Ich will nicht unfreundlich wirken, aber kannst du mir erklären, was das Wort 'Klausel' bedeutet und warum darunter mehr Text als irgendwo sonst auf dieser Seite steht?“
Weil in Old Germany nichts mit einem Handschlag besiegelt wird, folgt die Antwort und alles immer einen Haken hat.
Nicht weiter schlimm, lächelt er und schaut erleichtert. Genau das kann er auch sein: „Hardcore Will Never Die, But You Will“ ist Mogwais Antwort auf die Frage, wie lange eine Band, die fast nur instrumentale Alben aufnimmt, innovativ bleiben kann?
Forever and ever ist the answer und passt inhaltlich locker auf einen Bierdeckel. Wovon Barry Burns momentan mehr als genug besitzt. Witziger Zufall.
Aktuelles Album: Hardcore Will Never Die, But You Will (Rock Action / PIAS)