Grand Island ist ein Kaff in Nebraska, in dem es eine Disco gibt. Das ist doch schon mal ein vielversprechender Anfang für eine aufregende Story, oder? Jedenfalls vielversprechend genug für zwei Jungs aus Norwegen, die in eben jenem Kaff strandeten und beeindruckt genug waren, ihre Band danach zu benennen. Seitdem sind mehr als vier Jahre vergangen und mit ‚Boys & Brutes‘ wartet bereits das zweite Album darauf veröffentlicht zu werden.
Aber alles schön der Reihe nach: Kaum hat sich eine Band längere Zeit in den Staaten herumgetrieben, sind sich alle einig: die Bluegrasseinflüsse sind einfach nicht zu überhören...Andere sprechen in Bezug auf Grand Island gar von einer Noise-Explosion. Und was sagen Grand Island selbst?„Wir versuchen unsere Musik nicht in ein Genre zu stopfen. Jeder von uns hat einen anderen musikalischen Background, den er mit einbringen kann. So ist unser Drummer der totale Jazz-Freak, während der Bassist mehr aus Hardcore Szene kommt. Mein Bruder spielt Banjo und ist der Folktyp und ich stehe auf Frank Zappa und dieses ganze Progressive Zeug. Wir mixen alles, solange es nur kein Reggae ist. Das ist die einzige Musikrichtung, von der wir uns so weit wie möglich fern zu halten versuchen.“
Nicht nur Grand Island Sounds ist sehr experiementell, frisch und komplex, auch die Texte unterscheiden sich aufs Wohltuendste von manch schäbigen Rüttelreimen und dumpfer Prolloprosa, die man sonst so nach dem Motto ‚Auf Englisch geht alles‘ vorgesetzt bekommt. Da ist eindeutig ein feiner Geist am Werk...
„Ich denke, es schlägt sich in unseren Texten nieder, dass ich sehr viel lese, einfach um auch ein besseres Gefühl für Sprachrhythmus zu bekommen. Mein absoluter Favorit ist Cormac Mc Carthy - ‘Blood Meridian’ ist mein absolutes Lieblingsbuch, sehr stark und episch, gothic und hintergründig. Aber ich liebe auch Baudelaire. Ich mag es düster und absurd, Gegensätze und Abgründe. Ich bewundere Menschen, die rhetorisch gewandt sind.“
Eine Frage, die in jedem Interview abgegrast werden muss, ist wohl die nach musikalischen Einflüssen. Auf ihrer neuesten Scheibe ist funkiger 70s Sound ganz klar ein vorherrschendes Element. Kein Wunder, ist dies doch die Musik, mit der die Brüder Gustavsen dank eines Zufalls aufgewachsen sind.
„Als ich so zwölf oder dreizehn war, traf ich in meinem Heimatort einen Obdachlosen, der einige Schallplatten verkaufen wollte. Ich kaufte sie und so kam ich zu einer beachtlichen Sammlung von Black Sabath, Frank Zappa, Led Zeppelin etc. Meine Eltern hatten noch einen Plattenspieler, den wir benutzen konnten und so hörten wir das ganze Zeug rauf und runter. Ich würde sagen, wir haben Glück gehabt diesen Typen getroffen zu haben. Sonst hätten wir vielleicht nie einen Zugang zu dieser Musik gefunden.“
Grand Island rüsten sich gerade für ihre große Tour, bei der natürlich auch Deutschland nicht fehlen darf. Und das gehört laut Sänger Espen zu seinen Lieblingsländern. Fühlen wir uns frei, diese Schmeichelei anzunehmen und dem Mann keinerlei Anbiederei zu unterstellen.
„Wir lieben an Deutschland, dass es einen großen, komplexen Underground hat. Egal, wo man spielt, die Leute sind offen, neugierig und gehen zu unserer Musik ab. Sehr openminded! Bisher waren alle Konzerte, die wir in Deutschland gespielt haben klasse. Das deutsche Publikum lässt sich mehr begeistern und kann auch eine Band, von der es noch nie zuvor gehört hat, frenetisch abfeiern, während es Dir in Norwegen durchaus passieren kann, dass die Leute mit gekreuzten Armen vor der Bühne stehen und sich nicht regen. Das Feedback ist sehr unterschiedlich.“
Wie bereits erwähnt, heißt Ihre neueste Scheibe ‚Boys & Brutes‘ ... Warum??
„Leute behaupten über uns immer, dass unsere Musik sehr aggressiv sei - unsere Shows sind sehr energiegeladen und tough. Wir wollten das Ganze ein biss-chen poppiger machen, weicher und runder, und das ist der ‚Boys‘ -Part, während diese ‚I kill you‘ Attitude den ‚Brutes‘-Part ausmacht. Das neue Album war eine Gradwanderung.“
Letztes Statement! Aus die Maus!
Aktuelles Album: Boys & Brutes (Haldern Pop Recordings / Cargo)