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QUICKSILVER

V.A.

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Vorwärtsfolk – ein schönes Wort haben sich die Infoschreiber von FLOBÊR aus Berlin ausgedacht. Auch die auf ihrem neuen Album "SoWeit" (Silberblick) verbreitete Parole "Wir sind der Folk" ist eigentlich ganz OK. Wären da nur nicht die zu schlichten Texte, die zwischen naiver Naturbewunderung und unironischem Sauflied einige Peinlichkeiten beinhalten. Auch musikalisch sehr, nunja, traditionell. 2
Viel aufregender ist der am National-Idol Angélique Kidjo orientierte WestAfrikaPop der sieben zwischen 9 und 15 Jahre jungen Damen der STAR FEMININE BAND aus dem Nordosten von Benin auch nicht. Das Projekt ist als soziale Basisarbeit lobenswert, das s/t-Album (Born Bad) aber nicht so spannend. 3
Mit ADAMASCHEK & SHIREGREEN machen wir wieder weiter mit unserer "Deutschlandreise" (DMG). Ausgangspunkt dieser klassischen Folk/Liedermacher-CD war ein altes Brettspiel, das Klaus Adamaschek zu etwas pathetischen (z.T. aber auch zeitkritischen) Texten inspirierte. Auch die Musik ertrinkt des Öfteren im BluesFolkPop-Klischee. 3
Im selbstgewählten Kabarett-Chanson-Klischee blieb SEBASTIAN KRÄMER hängen. Das Beste, was ich über seine streicher(und z.T. auch bläser-)unterstützt am Klavier vorgetragenen, semilustigen "Liebeslieder an deine Tante" (Reptiphon) sagen kann, ist, dass ich hier beim Bonustrack "Taumilidau" das Ukulele/Gesangs-Duo "Charlotte und Elisabeth" kennenlernen durfte. Von denen möchte ich gern mehr hören. Anders als von H. Krämer. 2
NEUZEITLICHE BODENBELÄGE. So darf man seine Band wahrscheinlich nur nennen, wenn man sie a) in einer Berliner Kneipe gegründet hat und b) knietief im 80erMinimalSynthPop, kombiniert mit etwas steifem HamburgIronieFunk, stecken geblieben ist. "Der große Preis"(Bureau B) wird hier nicht verliehen. 3
Blöde Bandnamen gab’s aber schon immer, URLAUB IN POLEN ist da nur ein weiteres Beispiel. Eigentlich hat sich das Kölner Duo 2012 aufgelöst, weshalb das 6. Album "All"(Tapete) jetzt etwas überraschend kommt. Aber die Entscheidung, es nochmal zu versuchen, ist unbedingt zu begrüßen, denn hier trifft IndiePop auf Neu!-Motorik und andere D’dorfer Schüler. "The Witcher" hätte ich da vor lauter Aufregung beinahe für die stoische IndustrialPop-Version einer Doors-Nummer gehalten. 4
Auch die aus Montreal stammenden PLANTS AND ANIMALS versuchen sich am nicht tot zu kriegenden Konzept IndieRock, ergänzt um etwas DiskoExperimentalismus. Das Titelstück von "The Jungle" (Secret City) ist noch angenehm detachiert, dann verflacht die CD aber leider doch zu 1000mal (und oft besser) Gehörtem. 3
Ihr merkt schon, in bin in herbstlicher MeckerLaune. Deshalb findet auch "We Are" (Glitterbeat) vom rein weiblich besetzten PsychFolkGothRock-4er LUCIDVOX aus Moskau wenig Gnade. An sich gar nicht so übel, auch weil begrüßenswerterweise in Russisch gesungen, aber sehr epigonal. Da greife ich lieber zu Original-LPs von Siouxsie & The Banshees oder (schon weniger gern) zu was von Warpaint. 3
Und doch hat der Herbst auch seine schönen Seiten: ANDREW COLLBERG wurde in Schweden geboren, wuchs in Tucson (AZ) auf und lebt trotzdem in Köln (kann ich verstehen!). Dort hat er auf Le Pop schon einige nette laid-back-Pop-CDs fabriziert, an die er mit "1986"(Papercup) nahtlos anknüpft. Naïm Amors laszive Gitarre kennen wir auch schon von Le Pop (genau wie die bezaubernde Diane-Sophie Durigon, die hier aber nicht modelt, sondern ein wenig singt), für mich atmet das über weite Strecken instrumentale (und damit der Idee "Filmmusik" durchaus nahe stehende) Album aber auch ein wenig vom träumerischen Charme schottischer IndiePop-Balladen der 80er. Und "Magnolia" erinnert – auch wenn es aus der Feder von J.J. Cale stammt – mit seiner entspannten sweetness an den grandiosen Richard Hawley. Ein ExtraLob gibt’s für die schlichte, aber liebevoll durchdachte Verpackung der Promo-CDR. 5
Von STELLA SOMMERs unfassbar schöner Stimme lebt ein "Northern Dancer" (Northern Dancer Rec.). Wäre es nicht blasphemisch, würde ich die Frau angesichts der stillen Schönheit und Poesie ihrer zweiten Solo-LP hier und jetzt zur weiblichen Reinkarnation Leonard Cohens erklären. Auch die die Grundlage aus Gitarre oder Klavier ergänzende musikalische Begleitung, die neben dezenten SynthesizerFlächen und dramatisch-schlichter Perkussion auch Horn- und Geigen-Lieblichkeiten umfasst, lässt kaum Wünsche offen. Hinreißende Melodien, zarte Chöre, dramatische Gesten – eine exzellente Platte! 5
"Crossover" (Hopestreet) von der einer Aborigines-Familie entstammenden SoulSängerin EMMA DONOVAN konzentriert sich ganz auf die bewährten Zutaten einer klassischen Funk’n’Soul-Suppe. Eine starke Stimme, solide Grooves, scharfe Riffs und gelegentliche Schweineorgel-Einwürfe – hat was! 4
Auch JUANA MOLINAs erstes Livealbum hat seine Stärken. "ANRMAL"(Crammed) wurde im März dieses Jahres beim NRMAL-Festival in Mexiko-City aufgenommen und die Argentinierin macht von Beginn an klar, dass hier nicht lang rumgezickt wird – die Gitarre bratzt ungestüm und doch groovy zu Molinas zarter Stimme. ExperimentalPunkSongwriterPop galore! 4
Auf ganz andere Art macht das Schweizer Duo QONIAK keine Gefangenen. Deren "Mutatio"(Hummus) besteht aus 8 live im Studio aufgenommenen auralen Angriffen, zu denen mir v.a. ein Wort einfällt: heftig! Da werden JazzPrinzipien auf BreakBeats angewandt, ballernde synths kämpfen mit dröhnenden drums - es ist ein von engen Tunnelwänden vielfach reflektiertes Gewitter aus mit ElektroPsychCore-Mitteln gespieltem NoiseProgJazz. Puh! 4
Aber wir waren ja vorhin noch gar nicht fertig mit den besinnlichen Tönen: das Debut des Gitarristen MARTYN HEYNE hatte ich Ende 2017 noch in die Nähe des Arpeggio-Großmeisters Viny Reilly gerückt. Mit "Open Lines"(Tonal Institute) unterstreicht der Mann diese Geisterverwandtschaft ("The Hall") und entfernt sich da und dort doch in Richtung SoftJazz ("Night Pylon"), ElektronikSpielerei ("That Which Flickers") oder Pop ("Neuwerk"). Gelungen! 4
Versonnen bleibt’s mit "Volutes" (Injazero) von einem französischen "chamber duo" mit dem hintersinnigen Namen SNOWDROPS. Das besteht aus Mathieu Gabry an Piano und Mellotron und der uns nicht allein von ihren Gastspielen bei den Tindersticks oder Oiseaux-Tempête, sondern auch als Solistin am Ondes Martenot bestens bekannten Christine Ott. Einige der träumerischen Ambientstücke veredelt zusätzlich die Viola von Anne-Irène Kempf. 4
Es wird etwas(!) strenger, wenn der italienische DroneAmbientNoise-Gitarrist GIANMARIA APRILE wortlos "Rain, Ghosts, One Dog and Empty Woodland"(We Insist!) besingt. 3
Der Däne JONAS KASPER JENSEN ist ein Multitalent: Maler, DigitalGrafiker und Musiker. Zum hallgetränkten DroneAmbient auf "Plasma in DEX Garden"(Clang) gibt es daher auch eine Reihe ebenso abstrakter Bilder. 4
Hoch abstrahiert sind auch die Klänge, die ULRICH TROYER schon anno 2000 für das legendäre Label MEGO als "soundtrack for an imaginary cartoon" aus seinen Schaltkreisen schälte. Ausgehend von den extremen Enden des Menschen zugänglichen Frequenzbandes fusionierte der Wiener damals fordernde Elektronik mit destillierten Dub-Rhythmen. Jetzt gibt’s das Ganze, neu gemastert und ergänzt um die bisher unveröffentlichten Stücke "NOK 7 bzw. 8" und 3 Remixe (je einer von Fennesz, Németh und Troyer selbst), als "NOK 2020" (4Bit Productions) zum ersten Mal auf Vinyl. 5
Kurz vorm Ziel nochmal ein Beitrag zur Reihe "seltsame Projektnamen": Die GESELLSCHAFT ZUR EMANZIPATION DES SAMPLES präsentiert uns nicht weniger als die "Anthology of American Pop Music" (Faitiche). Durchaus auch als kulturpolitisches statement hat Jan Jelinek hier in 6 Versuchsanordnungen Proben aus Folk- oder Pop-Standards zu kleinsten Schnipseln zerrieben, um dann so lange daran zu ziehen oder drücken, bis ihre Herkunft unkenntlich wurde und die anschließenden ReKombinationen nur noch als vage Erinnerung, als "flashes of déjà vu and remote echoes" auf ihre Quellen verweisen. 4
Den Schluß unseres Herbst-Marathons bildet ein Hörspiel(oder -buch?)tip. Der wahnsinnig kluge und zugleich herrlich verdrehte ALEXANDER KLUGE hat für "Das neue Alphabet"(der Hörverlag) u.a. die Komprimate seiner Begegnungen mit großen deutschen Denkern von Heiner Müller bis Helge Schneider O-tönend vereint. Bearbeitet von den kundigen Händen Karl Bruckmaiers reisen wir auf 2 CDs (plus einer Dritten mit einem "Porträt" Kluges) durch einen Strudel von Assoziationen und SinnFragmenten, lernen etwas über die genetische Abstammung von Korsen und Basken (was nach heutigem Erkenntnisstand übrigens nicht unbedingt stimmen muss, aber das ist bei dieser Art HörKunst völlig nebensächlich), ergötzen uns an WortBildern wie "Luhmanns Zettel als Embryonen von Büchern" und wollen die insgesamt 100 Minuten am liebsten gleich nochmal anhören. 4

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