QUICKSILVER
KONSTANTIN WECKER ist einer der Aufrechten in diesem Land, einer, der sagt, was er denkt und dem es sicher alles andere als egal ist, daß sein in der Regel ja recht bürgerlich gewordenes Ex-68er-Publikum gern applaudiert, wenn es gegen Nazis und Finanzjongleure geht, die eigenen revolutionären Aktivitäten aber auf den gelegentlichen Wechsel der Rotwein-Sorte beschränkt. Auch gegen diese geistige Trägheit singt und redet er mit Vehemenz an, immer und überall. Hier auf 2 CDs mit der BAYERISCHEN PHILHARMONIE unter Mark Mast mit ganz großer orchestraler Geste. Musikalisch sehr gelungen, weil tatsächlich kitschfrei, dieser "Weltenbrand"(Sturm und Klang). 4FELIX MEYER teilte sich mit Wecker schon die Bühne, mit seiner hübsch titulierten Begleitband PROJECT ILE pendelt er auf "Die im Dunkeln hoert man doch"(SPV) zwischen FolkChanson und MusetteJazz. Mitgeholfen haben u.a. Max Prosa und einige Leute von Keimzeit. 3
Wer aufmerksam die "Le Pop"-compilations gehört hat, kann mit dem Namen BASTIEN LALLEMENT schon was anfangen. "Danser Le Filles"(Zamora) heißt sein neues Album, das voller melancholischer NeoChansons der Güteklasse Dominique A/Benjamin Biolay mit interessanten (im booklet mitlesbaren) Texten steckt. 4
Saz und Oud stehen für die orientalischen Traditionen, die BABA ZULA schon seit 20 Jahren mit PsychedelicRock und irren DubExperimenten zur Zukunft machen. Elektrisch verstärkt und durch die LSD-Echo-Maschine gejagt wird hier z.B. in "Kurt Kapma" aus Derwisch-Trance ein abgedrehter DistortionElektroFeedback-Krach der Sonderklasse. 5
HABIB KOITÉ aus Mali hingegen zelebriert auf "Kharifa"(Contre-Jour) das Bewährte. Semiakustischer AfroPop mit perlender Gitarre – mal mit etwas WüstenExotik, mal mit Chören, nicht immer frei von etwas Langeweile. 3
Die "Gambia Sessions"(ARC) von MUSA MBOOB & XAMXAM sind eine Gemeinschaftsarbeit des PerkussionZauberers aus Gambia mit britischen Gastmusikern. Das freundliche Miteinander von westafrikanischer Rhythmik, Bläsersätzen und klassischem g-b-key-Pop mochte auch mein sonst noch bei Tim Bentzko und Mark Forster festhängender Sohn. 4
Mit der "HISTORIA NATURAL"(Glitterbeat) der aus Bogota stammenden LOS PIRANAS wird’s strange. Mich hätte nicht gewundert, wenn sich das Ganze als Congotronics-inspirierte "Der Plan"-Fake-Exotika entpuppte, so piepsig abgedreht, wie hier Synths und effektgeladene Gitarren zu Südamerika-beats strapaziert werden. Scheint aber, äh, seriös zu sein. 3
O GAJO heißt das "Viola Campanica"-Projekt des Portugiesen Joao Morais, der auf "Lisbon Express"(European Phonographic) die seltsame, wohl nur mit dem Daumen gespielte Gitarrenschwester meisterlich in einer Art weltmusikalischem PostRock-style bedient. 4
An Stereo Total erinnert der TrashPop, den JOSY & PONY auf "Eponyme"(Rockerill/Freaksville) mit Schepper-drums, Bratzgitarre, HoppelBass, Schweineorgel und Damenstimme ausrollen. Besonders schick: der-die-das zerdehnt-fasrige "Epilogue: Manège A3", wo Josy (oder ihr Pony?) einen simplen loop 15 Minuten lang durch den EffektePark zerrt. 4
Aus Georgien kommen EKO & VINDA FOLIO, die ihre "Therapy"(Talitres) mit einer Medikation aus DüsterWave á la Cure und DreamPop der Bauform Chandeen durchführen. Sehr historisch, aber deshalb ja nicht unbedingt schlecht. 4
Die Blonde Redhead-Chanteuse KAZU Makino versucht's als "Adult Baby"(Adult Baby/!K7) mal solo: Jungmädchen-Wispern und relativ stiller, zerrissen-frickeliger ElektroAvantPop. 3
Sogar einige angenehme Wellenberge im sonst so seichten Meer der selbsternannten NeoKlassik haben wir anzubieten: CARLOS CIPA etwa umschmeichelt auf "Retronyms"(Warner) sein süßes Klavier mit zarten Gitarrenfiguren oder gar etwas sentimentalem TrompetenGebläse. 4
Das PORTICO QUARTET reist mit elegischen MinimalMelodien zu bewegter Rhythmik durch "Memory Streams"(Gondwana) und verheiratet dabei Kammermusik, DanceFloor und Störgeräusch. 4
LEO SVIRSKY geht die PianoKunst mit "River Without Banks"(Unseen Worlds) vielleicht nicht uferlos, aber doch strenger und mit erhöhtem ElektronikAnteil an. 4
Einen noch etwas experimentelleren und v.a. Klavier-freien Ansatz verfolgt "Smoke"(Aagoo/Rev.Lab) von NICKOLAS MOHANNA. 4
Bis auf den beat in "Ablazioni" entstammt auf "Volume Quattro"(Escape From Today) jeder Sound und jeder Rhythmus der Gitarre von PAOLO SPACCAMONTI. Mir fällt dazu immer wieder Tuxedomoon ein, aber in diesem sanftmütigen Effektkosmos haben bei aller Individualität noch viele andere ihre Spuren hinterlassen. 4
Knietief im AmbientWaber steckt CHIHEI HATAKEYAMAs wenig Neues bietender "Forgotten Hill"(Room40). 3
Auch die re-issue des CONRAD SCHNITZLER-Tapes "Conditions Of The Gas Giant"(Bureau B) war für mich nicht zwingend erforderlich, kennen wir vom Kluster-Gott doch wesentlich Spannenderes als diese Synth-zischenden Fingerübungen von 1988. 3
Auch sehr seltsam die 1975 mal als Privatpressung erschienenen "Neighborhoods"(Freedom To Spend) von ERNEST HOOD. Resident-ische MiniMelodien laufen über schräge Tonbandaufnahmen aus mehr oder minder beliebigen Nachbarschaftssituationen.
Theremin-hafte Zitterklänge schweben auf MIGUEL FLORES' "Lorca: Lost Tapes (1989-1991)" geisterhaft um eine Akustikgitarre (II), anderes wirkt semiklassisch oder wie ein Sprechexperiment von Henri Chopin (VI), dann wieder irren Indio-Flöten durch einen Hallraum (IV) – verwirrende Vielfalt aus einem peruanischen KlangLabor. 4
Der Sampler "Interactions"(beide Buh) versteht sich als "A Guide to Swiss Underground" und der mag auf CD#1 Gitarrenartiges - aber nicht als Neofolk, die Sounds werden vielfältig verbogen und verleugnet. Dazu natürlich Störungen aller Art und schabender Krach sowieso. CD#2 scheint mir harscher, ohne dass ich eine wirkliche Entdeckung zu verkünden hätte. Solide Schweizer (Avant)Arbeit eben. 3
Rock & Pop
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