Wenn am Rosenmontag Bohren & der Club of Gore unter dem Dach der Bochumer Christuskirche ein Konzert gibt, dann ist das so, also ob ein düsterer Keller samt seiner lichtscheuen Bewohner zum Lachen nach oben in die Welt der Lebenden steigt. Wabernde Dunkelheit breitet sich in dem modernen Sakralbau aus Backstein und Beton aus. Vor dem 10 x 10 Meter großen Bühnen-Kubus im Altarraum sind die Bankreihen mit Besuchern voll besetzt. Die Eingeweihten unter ihnen sind bereit, auf dem harten Holz die nächste Stunde in katatonischer Haltung das konsequente Fehlen eifriger Eventhaftigkeit zu erleiden, um dafür mit der Erfahrung sinnlicher Konzentration durch musikalische Entschleunigung belohnt zu werden. Drei federgeschmückte Gestalten bewegen sich bedächtig im spärlichen Schein der farbigen Lichtkegel. Langsam, ganz langsam, schleicht sich die Musik mit Bass, Keyboard und der Percussion ein. Dann holt das Saxophon Luft, hebt an und nölt auf bedrückende Weise schön durch das vernebelte Zappenduster des Kirchenraums. Die Ansagen der Titel sind knapp und trocken-humorig. Das Trio Robin Rodenberg, Morton Gass und Christoph Clöser, der während des Konzertes immer wieder zwischen Saxophon und Vibraphon wechselt, spielt das Gegenteil einer exaltierten Bühnenshow. Ihr Konzert verbreitet mit seiner reduzierten Soundästhetik die Atmosphäre einer chilligen Afterhour in einem Jazzclub für Zombies: tendenziell apokalyptisch, aber nicht tot zu kriegen. Es ist Musik für die, die am liebsten mit den schwarzen Buntstiften malen. Mehr zu Urban Urtyp: www.urbanurtyp.de Text: Till Barz / Photo: Adam Glagla