Man muss gar nicht 40 sein, um sich beim Gastspiel der Höchsten Eisenbahn in Essen schnell alt vorzukommen. Vorab läuft bisweilen durch TV-Werbung zu Hit-Ehren gekommenes aktuelles Indie-Mainstream-Crossover-Zeugs vom Band, und wenn Francesco Wilking, Moritz Krämer und Co. in ihren Songs Til-Schweiger-Filme erwähnen und von Sex in der Umkleidekabine bei H&M singen, dann spricht das vor allem die freudestrahlenden Studierenden an, die an diesem Abend einen Gutteil des Publikums ausmachen. Klanglich spielt derweil der zeitlose Folk-Pop der Eisenbahner-Debüt-EP "Unzufrieden" keine große Rolle mehr, vielmehr gleichen die Lieder der aktuellen LP "Schau in den Lauf, Hase" mit viel Rhodes-Piano, DX7-Synths und schmückendem Beiwerk einem bunten, Hipster-kompatiblen Pop-Kaleidoskop der späten 70er- und frühen 80er-Jahre. Anders gesagt: Wer nicht weiß, wer Toto, Steely Dan oder Talking Heads sind und Hall & Oates nur aus der CD-Sammlung der Eltern kennt, kann an diesem Abend musikalisch eine Menge Neues entdecken. Lediglich die Tatsache, dass die Band zwischen den Songs die eigene Schluffigkeit etwas zu aggressiv zur Schau trägt, will nicht so recht zu den offensichtlichen Vorbildern passen. Ein wenig zu lässig zwischen den Songs ist auch Supportact Desiree Klaeukens, doch das macht die Wahl-Berlinerin bei ihrer Rückkehr in den heimischen Ruhrpott musikalisch locker wieder wett, wenn sie, flankiert von zwei Herren an den Gitarren, unumwunden Episoden aus ihrem Leben in die fein gewobenen Folk-Pop-Nummern ihres Erstling "Wenn die Nacht den Tag verdeckt" verpackt. Anders als Die Höchste Eisenbahn zielt sie nicht geradewegs auf Pointen ab – aber genau diese Unaufdringlichkeit ist ihr größter Pluspunkt.