(Propyläen, 335 S., 22,00 Euro)
Die – oder besser eine der Grunderkenntnis(se) aus diesem Buch möchte ich gleich an den Anfang stellen: Was da 1524/25 in großen Teilen Deutschlands tobte, nennen wir zwar noch immer "Bauernkrieg", richtig wäre aber (und da kann ich Pantle komplett folgen) "Bürgerkrieg". Denn auch wenn (neben "äußeren" Faktoren wie dem nach dem mittelalterlichen Klimaoptimum ab 1300 wieder sinkenden Temperaturmittel und damit verbundenen Missernten (Kleine Eiszeit) oder den Nachwirkungen der Pestpandemie im 14.Jahrhundert) Ursache und Zündfunke für die vielleicht mit Wilhelm Tell (1307) beginnenden, über den Pfeiffer von Niklashausen bis zum Armen Konrad und der Bundschuh-Bewegung reichende Kette von Aufständen die weit über das Erträgliche hinaus getriebene und vor allem von den Bauern zu tragende Last aus Steuer, Fron und Abgaben ist, schließen sich doch spätestens mit der auf die "Stühlinger Erhebung" Ende August 1524 folgenden Solidarisierung der Bürger der Stadt Waldshut nun zunehmend Handwerker, Bürger und sogar Adlige dem "großartigsten Revolutionsversuch des deutschen Volkes" (Engels) an. Im März 1525 geht mit den in Memmingen verfassten "Zwölf Artikeln" ein Forderungskatalog in Druck, der zu den frühesten Forderungen nach Menschen- und Freiheitsrechten zu zählen ist (und bisher kaum hinreichend gewürdigt oder erinnert wird). In der Pressemeldung schreibt der Verlag denn auch sehr treffend: "Die einfachen Menschen zeigten damals einen Mut zum Widerstand, den wir an Wohlstand und Demokratie gewöhnten Bürger der Gegenwart nur bestaunen können." Die Aufständischen gehen dabei militärisch planvoll, strukturiert und diszipliniert (nur leider zumeist nicht übergreifenden koordiniert) vor, die "Haufen" genannten Verbände sind durchaus gut bewaffnet, schlagkräftig und von z.T. kriegserfahrenen, immer aber charismatischen Anführern befehligt. Nicht an den eigentlichen Kampfhandlungen Beteiligte (wie z.B. Rittersfrauen und andere Burgbewohner) werden zumeist geschont und bis auf die fatale "Weinsberger Bluttat" kommt es von Seiten der Aufständischen zu keinen nennenswerten GewaltExzessen. Und doch schlagen die Herrschenden mit eiserner Faust zurück und hinterlassen eine Blutspur – über 70.000 Menschen verlieren nach Schätzung von Historikern im "Bauernkrieg" ihr Leben. Im Kampf oder in angezündeten Dörfern und Städten, oft aber auch durch mehr oder minder willkürliche, von Rache getriebene Hinrichtungen und Folterungen. Diese Fakten, Zusammenhänge und Hintergründe erläutert Pantle in ausführlicher Würdigung von OriginalQuellen und Sekundärliteratur - der Epilog mit seinen knappen Betrachtungen zur Wertung und Einordnung des Bauernkriegs durch spätere Geschichtsschreiber und die unterschiedliche Sichtweise auf die Ereignisse von in 1524/25 in Ost und West(Deutschland) zählt zu den Höhepunkten dieses Buchs. Zu seinen Schwächen zählt, dass Pantle sich (zu sehr) auf die Geschehnisse im Südwesten konzentriert, denn auch wenn der Bauernkrieg seinen Beginn (und sein Ende) in Schwaben nahm, kommen die Abläufe in Mitteldeutschland (v.a. Thüringen, das Eichsfeld und das Harzvorland) deutlich zu kurz; Thomas Müntzer und die Schlacht von Frankenhausen hätten sicher eine tiefer gehende Betrachtung verdient. Auch die jeweils an das Ende der einzelnen Kapitel gestellten "Steckbriefe" wichtiger Protagonisten hätte Pantle für mich weglassen können, seine an Details und Fakten reichen Darlegungen zu den Anführern (vor allem der "Bauernjörg" Georg Truchsess von Waldburg auf seiten des Adels und Matern Feuerbacher als Hauptmann des "Hellen Christlichen Haufens") haben die Geschichte schon zuvor zu sehr einprägsamen Bildern destilliert. Eine (bis auf die genannten, sicher auch dem zulässigen Umfang des Buchs geschuldeten, Auslassungen) sehr gelungene Beschreibung dieser die vermeintlich gottgegebenen Verhältnisse zumindest in Teilen vehement hinterfragenden revolutionären Erhebung bleibt der Text aber auf jeden Fall.Weitere Infos: www.ullstein.de/werke/der-bauernkrieg/paperback/9783549100516