(lectorbooks, 185 S., 20,00 Euro)
Verlagszitat: "Gion Mathias Cavelty hatte keine freie Wahl, sein neues Buch "Die Bibel" zu schreiben, es wurde ihm nämlich aufgetragen. Gott hat eine sehr wichtige Nachricht für die Menschheit." Ganz konkret, in Form einer göttlichen Eingebung, fuhr das Wort des Herren direkt in Caveltys Feder bzw. einen von insgesamt drei während der innerhalb von 24 Stunden ("vom Beginn der 22. Stunde / des 4. April 2024 / bis zum Ende der 21. Stunde / des 5. April 2024") erfolgten Abfassung verbrauchten "Stabilo Fineliners Point 88, schwarz". Diese angenehm präzisen Informationen verdanken wir ebenfalls besagter Niederschrift, wo sie als Vers 2 bzw. 6 des Kapitels "I – Präambel" nunmehr der weiteren Exegese harren. "Eine Stimme ertönte plötzlich / aus dem Nichts."(Ich6), "Woher die Stimme kam, / vermag ich nicht zu sagen."(Sti3) "Auf jeden Fall sagte die Stimme; / "Schreib!""(Sti4). Gott hatte sich also mitzuteilen (dessen Timbre beschreibt Cavelty übrigens "als eine Mischung aus den Stimmen von / Johann Lafer, SpongeBob / und Michelle Hunziker"(Sti2) – interessant!) und formuliert seine Kernbotschaft denn auch gleich im folgenden Kapitel "V-Idiot" Vers 5, und zwar in Versalien: "ICH BIN EIN IDIOT. / ENTSCHULDIGUNG FÜR ALLES. / GOTT." In Kapitel "IX – Nordwand" wird erläutert: "Gott – kein teuflischer Bösewicht / oder seelenloser Demiurg / oder desinteressierter Bürokrat / oder unberechenbarer Wahnsinniger, nein: / ein Idiot."(Nor5) - aufschlussreiche Möglichkeiten in fast schon banaler Auflösung. Und so erzählt der (un(frei)willige?) Prophet Cavelty die Geschichte immer weiter: das behut- und wachsame Vortasten in Richtung des Schreibtisches, denn das Empfangene muss ja zu Papier gebracht werden: "Zehn grüne Büroline Pressspanhefte / kariert 4 mm, Format 17.5 x 22 cm / je 48 Seiten, füllte ich wie automatisch."(Prä7). Die insgesamt 84 Kapitel kulminieren in einer "...Neuen / Dir noch unbekannten Sprache, / Leserin, Leser."(Du1); vorher schlüpfte durch ein Loch in der Wand aber noch fix die "gesamte Menschheit"(Men7) in Caveltys Zimmer, "in verschiedene Cliquen unterteilt" (Cli1). Diese reichen von der "Clique Moog / mit Stammvater Bubungus" (Cli3) bis zur "Clique Wellenzohn / mit Stammvater Uschbert" (Cli14) – allesamt "verhaltensauffällige Figuren" (Men1). Am Ende wird aber doch "Alles wegapokalypsisiert."(NoS1, 6). Das ist natürlich ein himmlisch-höllisch-atheistisch-transzendenter Spaß der Extraklasse, mit vielen Absonderlichkeiten und Skurrilitäten, aber auch tiefen Weisheiten und höheren Erkenntnissen (die verrate ich hier naturelement nicht). Man kann die 185 Seiten in einem Rutsch inhalieren oder sich jeden Tag nur einige Verse gönnen - der Genuss ist beständig. Ob es aber tatsächlich 11 x 1111 Wörter sind, die diese neue Bibel ausmachen, habe ich denn doch nicht nachgezählt.Weitere Infos: www.lectorbooks.com/products/die-bibel