(Kröner - Edition Klöpfer, 253 S., 25,00 Euro)
Meist ist es Banales, bestenfalls mäßig Interessantes, was der Berliner (Ex)Hausbesetzer, "Deutsch als Fremdsprache"-(Gelegenheits)Lehrer und überhaupt auch mit 35 eher als Lebenskünstler denn als bürgerliche Existenz anzusehende Daniel Dorner aus seinem Briefkasten zieht. Aber eines Morgens steckt in selbigem dann doch die große, lebensverändernde Nachricht. Eine US-Kanzlei teilt mit, dass er Alleinerbe seines vor kurzem verstorbenen Onkels ist. Der war an einer Uni in Michigan Professor für Irgendwas und – so stellt sich recht schnell heraus – nebenbei Aktienspekulant. Und als solcher nicht ohne Erfolg, jedenfalls summiert sich der Nachlass recht schnell zu einer siebenstelligen Summe. Eine Menge Holz für jemanden, der eben noch den Kapitalismus abschaffen wollte und Geld für wenig mehr als eine lästige und permanent knappe Notwendigkeit zur Befriedigung der Grundbedürfnisse hielt. Der zunächst ungläubige Held reist also in die US-Provinz, macht das leicht heruntergekommene Haus des Onkels sauber und wendet sich dann den formellen Seiten der Erbschaft zu. Sprachlich so nüchtern wie packend beschreibt Blickle dabei Euphorie (Ich bin reich!), Zweifel (Steht mir das eigentlich zu?), Verwunderung (Wie einfach sich Geld selbst vermehrt!), Entrüstung (Wer will da noch alles Steuern und Gebühren kassieren?), Wut (Wollen mich Anwältin und Maklerin etwa über's Ohr hauen?) und immer wieder Zweifel. Zweifel – an denen Blickle sehr geschickt und niemals bemüht moralisch-ethische Grundfragen extemporiert. Ohne eine abschließende oder allgemeingültige Antwort (vor) zu geben, ohne großmäulige, hyperkorrekte Selbst-Sicherheit – dafür voller Selbst-Zweifel. "Die Erbschaft" ist ein wirklich lesenswerter Text über Besitz und (Anti)Kapitalismus, Ideale und Immobilien – und dazu noch eine sehr gut erzählte Geschichte.Weitere Infos: www.kroener-verlag.de/books/die-erbschaft.html