(Promedia, 208 S., 22,00 Euro)
Irgendwie ist es Allen gelungen, dass Terry "Monty-Python" Gilliam seine Texte las und dazu folgendes sagte: "Ein sehr witziger, brillanter, begabter und ernsthaft gestörter Autor." Solch Lob muss natürlich auch ein dezidiert links(radikal)er Verlag wie Promedia marketingtechnisch nutzten – das Zitat prangt nicht nur prominent auf der Rückseite des Paperbacks. Leider kann ich Gilliam nicht zustimmen, denn der selbsternannte "Radikale(r) Leitfaden durch die Welt und uns selbst" ist keine kämpferische Aufforderung zum Selbstdenken, sondern eine selbstgefällige Tirade gegen "das System" in allen seinen Ausprägungen. Die Grenze zum Verschwörungsgeschwurbel wird mehr als einmal deutlich überschritten (nicht nur wenn es um Corona geht) und dass man ihm inhaltliche Fehler bzw. falsche oder ungenaue Fakten vorwerfen wird, scheint Allen schon geahnt zu haben (und begegnet dem mit dem Totschlagargument, dass man mit solcherlei Nichtigkeiten nur seine unbequemen Ansichten kritisieren will). Die Idee, dass der Niedergang des Menschen mit der "neolithischen Revolution" begann, dass also Sesshaftigkeit zu Unterdrückung, Ackerbau & Viehzucht zu sozialen Antagonismen und damit zu Besitz, Patriarchat, Krieg und Privatfernsehen führen, ist weder neu noch originell und schon gar nicht richtig. Zumindest nicht in der hier angewandten, arg verkürzten und verkrümmten Betrachtungsweise (sogar die Schrift ist demnach eine im Grunde verdammenswerte Erfindung zur Unterdrückung der Massen). Da schürf(t)en z.B. David Graeber und David Wengrow mit ihrem nach wie vor extrem empfehlenswerten Buch "Anfänge" deutlich tiefer. Selbst wer oder was warum "das System" ist, bleibt hier hingegen unklar – ein Bärendienst an ja unstrittig notwendiger (linker) Aufklärungsarbeit. Allen beschränkt sich auf eine diffus-arrogante "Gegen alles"-Haltung, die wenig untersetzt, aber mit umso größerem Selbst- und Sendungsbewusstsein präsentiert wird (und die von Max Stadler recht unbeholfen und anscheinend auch nicht ganz fehlerfrei übersetzt wurde). Schade, denn eine verständliche (aber fundierte) und zeitgemäße (dennoch bewusste) Systemkritik, gerade aus anarchistischer Perspektive, würde dieser Welt sehr gut tun. Allen leistet diese leider nicht.Weitere Infos: www.mediashop.at/buecher/33-mythen-des-systems