(Rowohlt, 428 S., 26,00 Euro)
Die Idee ist nicht wirklich neu, aber nichtsdestotrotz natürlich gut: mal in Ruhe und systematisch darüber nachdenken, wie die Welt in früheren Zeiten geklungen hat. Und wie der Lärm in selbige kam. Und was Lärm eigentlich ist. Der Autor ist Journalist beim NDR, wohl auch Historiker und Nebenbei-Musiker (ich konnte mir nicht verkneifen, nach seiner Band zu suchen und stieß auf sehr gruseligen "AOR"!), und hat recht tiefgründig recherchiert. Vielleicht sogar etwas zu tiefgründig, denn manche Darstellungen sind arg gestreckt und weitschweifig. Aber der Weg vom Urknall(!) bis zum gesundheitsgefährdenden Dauerlärm des Industriezeitalters ist ja auch ein recht langer. Und ein interessanter: Wie klang’s in den ersten Städten? Störte die Bewohner von Uruk das (zu vermutende) Geschrei von Händlern oder das Klopfen von Steinmetzen? Wie laut ratterten die wassergetriebenen Eisenhämmer des Mittelalters? Die Welt nach Erfindung der Eisenbahn? Des Autos? Des Düsenfliegers? Die Geschichte des Lärms ist zugleich eine Technikgeschichte, aber auch (mehr oder minder) Gutgemeintes wie Musik kann Nerven raubend sein (was mich sofort wieder an die Kessler-Kapelle "Bad Sister" denken lässt). Entweder weil sie zu laut und/oder schlecht ist (was natürlich jeweils im Auge des Betrachters bzw. im Ohr des Konsumenten liegt) oder weil sie einfach omnipräsent ist (Stichwort "Fahrstuhlmusik" – ein Phänomen subtilen Lärms, das zu beleuchten Kessler übrigens vergessen hat). Die in den Text via QR-Code eingebauten Links zu Online-Tondokumenten lockern das Ganze etwas auf und verleihen dem hier und da zwar etwas ausufernden, aber dennoch durchaus unterhaltsam aufbereiteten Inhalt zugleich eine weitere Dimension.Weitere Infos: www.rowohlt.de/buch/kai-ove-kessler-die-welt-ist-laut-9783498003548