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RAINALD GREBE

Rheinland Grapefruit. Mein Leben

(Voland & Quist, 338 S., 28,00 Euro)

Ich habe einen Moment gebraucht, um zu verstehen, dass "Rheinland Grapefruit" eine Verballhornung von "Rainald Grebe" ist. Damit wäre ich womöglich bei einem jener PsychoTests, denen Grebe sich im Zuge seiner Reha unterziehen muss, durchgefallen. Moment! Reha? Grebe? Psychotests? Ja, der grandiose WortWitzDreher und krähende NeoBänkelSänger erlitt am 26.03.2017 in Düsseldorf einen Schlaganfall. Auf der Bühne, direkt bei Beginn seines Auftritts. Gleich auf der ersten Seite des Buchs beschreibt er diesen Moment in Großbuchstaben: "Dunkelheit. Stockfinstere Dunkelheit." Aus dieser herauszufinden ist keine leichte Aufgabe, denn die Infarkte betrafen auch jene Hirnregionen, die für Sprache und Motorik zuständig sind. Grebe kämpft mit Wortfindungsstörungen, verirrt sich im Wald zwischen Klinik und Tropical Island und will dabei doch nur zurück in sein "altes" Leben. Eine Autobiografie hat er dem Verlag versprochen, der Text fällt angesichts der Umstände aber ganz anders aus, als Lektor und Leser ihn sich erwartet hatten. Neben Episoden aus der behüteten Kindheit in der rheinländischen Provinz (inkl. leicht nerdiger Hobbys: Briefmarken, Vogelkunde und BlumensamenSammeln) und den ersten Schritten auf Kleinkunst- und Puppenbühnen (inkl. Erinnerungen an das erst Russisch-, dann Puppenspiel-Studium im Berlin der frühen 90er) montiert Grebe TagebuchSequenzen aus der Klinik. Physio hilft, Logopädie hilft. Aber langsam. Diesen Kampf, auch die Angst und die Ratlosigkeit, schildert Grebe mit melancholischer Offenheit, hier und da auch mit verständlicher Wut. Woraus eine immense Kraft entsteht, ein Wille zur Überwindung der Widrigkeiten, ein Wille zum Leben, zur Liebe. Und zur Kunst. Allein dafür lohnt sich die Lektüre dieses berührenden Buchs. Und da haben wir über die geniale Gestaltung (die wechselnden Typen, Schriftgrößen, unorthodoxen SetzFormen usw. verantwortete das Designbüro "pingundpong", die wundervollen Zeichnungen stammen von Chrigel Farner) und die Unmenge an Fotos, Zeitungsschnipseln etc. noch gar nicht geredet!
Weitere Infos: www.rainald-grebe.de


Februar 2022
ANNE FREYTAG
DAGRUN HINTZE
DALIBOR MARKOVIĆ
Hrsg: SUSANNE RÜSTER, HEIDI RAMLOW, RIA KLUG
JOHANNES KRAUSE / THOMAS TRAPPE
JOYCE ILG, CHRIS HALB12
KAI SICHTERMANN
MIKE HAGER
OLIVER SCHRÖM
PETER HARTINGER / ARMIN WONNER
RAINALD GREBE
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