(Ventil, 469 S., 30,00 Euro)
Das englische Original dieses Textes erschien bereits 1995 und avancierte sehr schnell zum Klassiker, dass eine deutsche Übersetzung 25 Jahre auf sich warten ließ, ist mehr als seltsam (und vielleicht auch bezeichnend für das hiesige Desinteresse breiterer Leserkreise an theoretisch(er)en Texten über Popkultur). Der britische Post-Punk-Historiker (er schrieb das Standardwerk "Rip It Up And Start Again") und die New Yorker Gender-Theoretikerin arbeiten sich zunächst an der klassischen Dichtomie der "beiden Fraktionen, die um die Seele des Rock’n’Roll kämpfen: Punks vs. Hippies, Krieger vs. Softies" ab, verknüpfen die durchaus auch historisch aufschlussreichen Reflexionen aber mit psychologischen und systemtheoretischen Überlegungen: Theweleits "Männerphantasien" als Folie von Gitarrensoli, das Belächeln des "Schwachen" als Ausdruck latenter oder konkreter Misogynie im Rock. Männlichkeitskult und Marginalisierung. Klischees und hartnäckige Denkschemata. Logisch, dass die gewählten Beispiele dabei heute nicht immer augenfällig sind (an die Altered Images als Ideenträger des "New Pop" erinnern sich sicher nur wenige), aber wie die Musik und das (soziale) Wesen von Jim Morrison, Iggy Pop, der Stones oder der Pistols zur Arbeit von uva. Patti Smith, Kate Bush, Liz Fraser, Diamanda Galas, Yoko Ono, Kristin Hersh oder der Raincoats ins Verhältnis gesetzt werden, ist lesenswert und aufschlußreich zugleich. Auch wenn in der aktuellen medialen Wahrnehmung #metoo von #BLM etwas in den Hintergrund geschoben wird: weibliche Selbstermächtigung findet trotz aller Widrigkeiten statt! Die "bonus-tracks" (ua. das in der Originalausgabe gestrichene Kapitel "Boy’s Own Adventures: Critical Bias" und spät90er-Texte über Girl Power und Missy Elliott) bereichern den Band tatsächlich und koppeln ihn (etwas besser) an das Heute. Weiß eigentlich jemand, was Press/Reynolds zur "Cardi B/Megan Thee Stallion"-Debatte zu sagen haben?Weitere Infos: www.ventil-verlag.de/titel/1840/sex-revolts
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